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Dienstag, 24. Januar 2017

es rattert wieder

Es rattert wieder

[eine in Zeilen gegossene Vorstufe einer nachfolgenden Eruption und "ich darf so sein, wie ich bin"]

In mir rattert es wieder. Der gestrige Abend auf Twitter hat einiges ausgelöst.

Borderline, PTBS, rezidivierende Depression, passives Burnout, bipolare Depression, generalisierte Angststörung, etc.pp.

Es hat sich mit den Jahren einiges bei mir angesammelt an "Beschädigungen" oder "Funktionsstörungen" oder wie auch immer "man" "sowas" für sich bezeichnen möchte. Manches hat sich auch schon wieder gegeben oder gebessert. aber einiges bleibt immer, nichts geht spurlos an einem vorüber.

Ein Problem oder eine der Auswirkungen von den gerade aufgezählten Einschränkungen, sind bei mir die Konzentrationsstörungen und tendenziell latent hervorstechende Verwirrtheit meinerseits in Bezug auf komplexe(re)n Kontext. Oft in Gesprächen oder Diskussionen/Debatten.

Das knockt mich dann meist ziemlich aus und kann dazu führen, das die Kommunikation mit mir situativ etwas "schräg" oder anstrengend werden kann. Das wurde mir soeben nochmal sehr deutlich. 

[*Ich riss das Thema schonmal an, im Blogeintrag: "Hurra, der Hut ist weg!"
Damals ein Versuch der Einordnung und des Verstehens und der Bewußtwerdung dieses "Problems".]

Ich habe gelernt das ich manchmal irre tolle Hochs habe. Weil sich etwas gelöst hat, weil Ballast abfällt oder abfiel, oder/und weil ich hochsensibel bin und daher Dinge oft sehr stark empfinde. 

Manchmal rattert es nur so in mir, dann fügt sich eins ins andere und augenscheinlich nicht gekannte Zahnräder greifen [wieder] in einander und der innere Turbo läuft nur so. 

Unfassbar, wie leistungsfähig ich währenddessen (in der Begleiterscheinung) manchmal bin. Als wären die Vernetzungsadern des Gehirns wieder freigepustet und die verschiedenen Impulse rasen nur so durch das Gehirn und die Synapsen. Zumindest fühlt es sich so an und ich denke, das es auch so in der Art "ist" in diesen Stunden oder Tagen. 

Es ist extrem schwer davon wieder runter zu kommen, mich zu ent-turbousieren.

Schach hilft mir dabei, lerne ich gerade.

Ich habe eben nach Twitter noch einige Partien gegen meine Schachapp absolviert, die waren einfach wunderbar. 

Könnte ich doch nur in "normaler Stimmung/Verfassung" auch so gut, schnell und logisch denken, dachte ich vorhin. 

DAS wärs, aber sowas von! *lacht*

Leider ist das ehr weniger zu erwarten. Es ist krankheitsbedingt inzwischen ehr nicht davon auszugehen, das diese Art der Leistungsfähigkeit spontan wieder abrufbar sein wird und auf Dauer bleibt, dafür ist mir dann wohl doch ein Quentchen "zuviel" an schlimmen Dingen zugestoßen, was nachweislich seine Spuren (siehe obige Aufzählung) an/in mir hinterließ.

So sind die Dinge eben einfach manchmal. 

Oh, wenn ich könnte, wie ich wollte...

Ich würds nochmal voll darauf ankommen lassen! Vom Fachabi aufs Abi upgraden und studieren gehen. 

Philosophie, Psychologie oder Soziologie.. Solche Bereiche würden mich schon sehr reizen! ;) Oder vielleicht Politikwissenschaften? Ebenfalls sehr reizvoll. Würde ich nachschauen, was man noch alles studieren kann, was in diese Richtung geht, gäbs wahrscheinlich soviel an Auswahl, das ich als HSP mich erstmal ziemlich erschlagen fühlen könnte oder würde.

Dafür müsste ich mich dann zwar extrem(st) auf den Hintern setzen und büffeln, wenn ich es so täte und es mit Abi und Studium versuchen würde, aber es wär drin!
[Behaupte ich an dieser Stelle einfach mal.] 

WENN ich..
[Achtung, jetzt kommt das Zauberwort..]


LEISTUNGSFÄHIG wäre..


und zwar spontan und situativ zuverlässig abrufbar


Und das bin ich [nicht] mehr. Da liegt die Crux.


[An dieser Stelle tut sich mir erneut eine klaffende Lücke in Bezug auf eine mögliche (realisierbare) erwerbslohnende und würdevolle Betätigung in der Zukunft auf. DAS schaff ich heut (jetzt) aber nicht mehr, kann das nur als Thema für später anreißen und werde es dann irgendwann wieder aufgreifen und beleuchten.] 

Nunja, das ist wirklich schade.
(back to topic)

Kein Scheiß, ich meine das genau so, denn es ist verflixt schade..

Schade, dass es nicht mehr so ist, schade das ich das so nicht mehr hinbekomme und nicht mehr so leisten kann und seit einiger Zeit immer vergesslicher werde. Aber diese Umstände sind wohl von mir hinzunehmen und situativ bedingt anzuerkennen. Frei von etwaiger Scham oder früheren Schuldgefühlen. Es ist wie es ist. 

Und ein kleines Türchen hat sich am Ende meiner Überlegungen/Eindrücke doch aber auch wieder für mich ein Stückchen mehr geöffnet. 

Ich stellte [erneut] fest, das unglaublich viel Stress von mir abfällt, weil ich inzwischen

1. bestimmten selbstgewählten Regeln [Leitlinien] folge und

2. dass das loslassen von altem Ballast und alten Problemen mich unwahrscheinlich stark beflügelt und befreit und damit das denken zumindest wieder etwas verbessert und entkrampft. Und wenn es auch nur temporär und nicht immer abrufbar ist. Egal. 

Ich finde das Gefühl wunderbar und geniesse es wenigstens ab und zu wieder die alte Patricia in mir zu spüren, die, die ich einst vor langer Zeit mal war. Noch nicht so "durch" und eingeschränkt wie heute, durch diverse Macken und Schranken. 

[Ach kommen sie! Das wird man doch wohl nochmal über sich sagen oder schreiben dürfen! :-p *Achtung, Sarkasmus* ;-) ] 

Und damals, als ich noch die "alte Patricia" war, da war ich auch körperlich noch erheblich belastbarer als in diesen Tagen/Wochen/Monaten. 

Aber immerhin. Es macht mir Mut, ich genieße, das es "sie", die belastbare und leistungsfähige Pat trotz allem noch in mir gibt. Irgendwo, gut getarnt, aber da. Ab und zu taucht sie kurz auf. 

So nehme ich einiges mit aus dem gestrigen Abend und freue mich über seinen unerwarteten Verlauf zum Ende hin. 

Ich Wahnsinnige habe diese Zeilen nun noch ins Handy getippselt (um 5:59h, stöhn!), aber das musste so.

Morgen früh (heute früh) nach dem aufstehen wäre es zu spät gewesen und die Gedanken an all dies längst weg. Eindeutig viel zu schade, das im Nirvana verschwinden zu lassen, dachte ich Sturkopp mir und setzte spontan zu einem Tagebucheintrag an. Morgen (später irgendwann) werde ich es dann wohl ins Blog stellen, als 1. Eintrag in 2017. 

[Lustig, das der Morgen bei mit immer noch gefühlt NACH dem schlafen und aufstehen beginnt, auch wenn das rein technisch betrachtet am Mittag oder Nachmittag oder am Abend ist. Hihi. Einiges ändert sich eben auch nie, was gut ist. Manch vertrauter Pfad ist ausgetreten, aber dadurch eben auch beruhigend.]

Lustigerweise scheint dieser scheinbar zufällige Umstand, das dies mein datumsbasierter "Erstjahres-Blogeintrag" wird, irgendwie auch seiner textualen Bedeutung für mich zu entsprechen und angemessen und passend zu sein. 

Falls sich der Text nicht doch noch im nachhinein als "zu wirr" herausstellt oder anfühlt und ich die geplante Veröffentlichung doch noch umgehe. o.O 

Ich hoffe nicht, das es so sein wird. ;) 

Hasta la vista (oder so) und nun gute Nacht! (Oder ehr guten Morgen. :D) 

Pat - 24.01.2017, 06:05h 



P.S.: 

Eins noch: ich lerne auch gerade, das ich sein darf, wie ich bin. Und wenn das, wie ich bin, manchmal auch befremdlich oder "drüber" auf andere wirken mag: ich DARF so sein. Weil jeder sein darf, wie er tief innen drin ist. 

Gibt da natürlich gewisse Spielregeln an die man sich halten muss (niemandem schaden, nicht bewußt verletzen etc. pp.), aber wann ist schonmal was komplett ohne Einschränkung zu haben? *lacht* 

DAS wär mir so nur von der bedingungslosen Liebe bekannt. 😉

Pat - 24.01.2017, 06:29h


[Sehen sie, DAS ist der innere Turbo.. verflixt schwer da vor der körperlichen Überforderung (zum Beispiel in Form von Migräne oder Erschöpfungssymptomen) wieder herauszukommen. 

Versuche es jetzt erneut und werde obsiegen. Jay! Immer schön das positive befördern.. das negative mit nicht- oder wenig Beachtung behandeln.. ;-) 

Ich schwöre ihnen, das funktioniert bei mir, über die Zeit betrachtet. Wenn man geduldig ist und am Ball bleibt.] 

07:13h - Ende -


edit am 27.01.2017, 14.45h


Tags: spontan,Tagebucheintrag,nachgereicht,Tagebuch


Nachtrag:
Was zusammengehört soll nicht getrennt sein:
dieser Text gehört zu in eigener Sache und ist quasi als eine Verstufe des Textes am 28.01.2017 zu betrachten. Letztlich geht es in beiden Texten um die Verarbeitung von Erkenntnissen in Bezug auf meine Adoptivmutter und die Adoption und alles was mir deswegen so zustieß.. [Verkettung-lineares Reihengeschehen]

Samstag, 31. Dezember 2016

Tschüß 2016, Hallo 2017



Tschüß 2016, Hallo 2017 


Ich machs heut kurz und ohne viele Worte. Zumindest ist das der Plan. ;-) 

Das Jahr 2016 hat uns wohl alle überrascht und gefordert und es ist viel geschehen. Nun ist es fast rum und ein neues Jahr steht vor der Tür. 

Seid gut zu euch, seid gut zu anderen, tragt stets Licht und Liebe im Herzen, und seid die Veränderung, die ihr euch wünscht für diese Welt. 

[Zitat frei nach Ghandi] 

Das ist meine überwiegende Empfindung und Haltung in Bezug auf dieses Jahr. Selten war mir klarer, wie bedeutsam und wichtig diese einfachen Worte sind. Liebe, Menschlichkeit und Nähe, so einfache Dinge und doch so wichtig. 

Ich danke für das, was ich in diesem Jahr erleben und lernen durfte und ich bin neugierig und gespannt, was uns das nächste Jahr bringt. 

Vielleicht bringt es uns ein Stück näher an so etwas großes, wie den Weltfrieden. 

Und vielleicht tragen wir dazu bei, indem wir bei uns und in unserem Umfeld anfangen. Kleinklein wird zu großgroß, so der Gedanke dahinter. 

In unseren Graden (und wahrscheinlich weltweit) ist der Silvestertag ein starkes Datum, eins zu dem man sich Gedanken macht, inne hält, sich neu erdet, neu sortiert und vielleicht dabei auch altes über Bord wirft. Weil es sich nicht mehr gut oder richtig anfühlt. 

Doch, denkt dran, das Jahresbuch 2017 hat 365 unbeschriebene Seiten und wir haben jeden Tag aufs neue wieder die Chance und die Gelegenheit die Seite neu zu schreiben. 

Bitte seid gut zu euch! 

[Ich weiß, ich wiederhole mich. Ich tue das bewußt und ich tue das, weil es mir wichtig ist.] 

Seid nett zu euch, denn wer zu sich selbst gut ist, dem geht es innerlich gut und das führt wiederum dazu, das man zu den anderen auch nett-er ist. Vielleicht nicht immer, aber es erhöht sicherlich die Chance darauf. 

Ich danke für die vielen Menschen und Seelenwelten, die ich durch Twitter kennenlernen und in die ich einen Blick werfen durfte. Vieles daraus hat mein Leben nachhaltig bereichert und Freundschaften entstanden. 

Ich persönlich danke dafür, das ich nach Jahren wieder Kontakt mit meinem Sohn habe. Und ich danke dafür, das ich meine Tochter an meiner Seite haben darf. Ich danke für zwei gesunde Haustiere, die mich seit Jahren begleiten. Ich danke für jedes Fest und jeden Anlass zu dem ich mit euch das Leben feiern darf. Ich bin dankbar, das ich am Leben bin und habe das wieder zu schätzen gelernt. Ich danke dafür, das ich vieles lernen und erkennen durfte. Da war manch ein großer Meilenstein darunter! Danke dafür, danke das ich weitergekommen bin in der Aufarbeitung meiner persönlichen Geschichte und im erlangen von Frieden. 

Ich danke für den blauen Himmel über mir und all die Wesen unter seinem blauen Dach, denn sie bereichern meine Welt. Ich danke auch dafür, das es nach jedem Winter wieder einen Frühling gibt, denn: 


"In jedem Winter

steckt ein zitternder Frühling,
und hinter dem Schleier jeder Nacht
verbirgt sich ein lächelnder Morgen."


Khalil Gibran



Ich danke für das Licht, das ich nun wieder im Herzen trage und für die Liebe unter den Menschen, die es zweifellos auch in dunklen Zeiten gibt. 


Passt auf euch auf, wo auch immer ihr seid. 


Seid nett zueinander und kommt gut rein ins neue Jahr, das Jahr 2017! Ich wünschte euch von Herzen alles Gute und viel Schwung und Kraft für das kommende Jahr. 


Liebe Grüße 



Pat - 31.12.2016

         21:39h


Tags: Jahreswechsel, spontan, Gedanken 


P.S.: 


Ehrlich, für meine Verhältnisse kann man diesen kleinen Spontantext noch "kurz" nennen. *grinsend ab*



Mittwoch, 28. Dezember 2016

Der Wächter [Kurzgeschichte]



Der Wächter 
[Eine Ich-Einheit taucht auf] 

Diese neue Idee, die sie seit kurzem hatte, eine Zeitlang nicht mehr im Ich-Stil zu schreiben, sondern einen Teil der Handlung ins fiktive Geschehen abzugeben, so überlegte sie, war eigentlich ein genialer Pakt mit dem inneren Wächter. Der Kollege, den sie erst kürzlich als bewußte Ich-Einheit in sich wahrgenommen hatte. 

Sie hatte lange überlegt, woran es wohl lag, das sie nie auffallen oder herausragen durfte aus der Masse. Dieses Gefühl in ihr war tief und es beeinflußte nahezu ihre gesamte Kommunikation mit der Umwelt in einer Art Selbstzensur. Manchmal ließ es sie etwas lockerer von der Leine und sie durfte freier handeln. Und manchmal machte der Wächter den Sack zu und verbot sich jede weitere Äußerung zu gefühlt brisanten Themen, zu denen das Ego eigentlich noch eine Menge zu sagen gehabt hätte. 

Meistens wurde das Ego dabei vom Kumpel der Emotionen begleitet, der sein möglichstes tat, um das Ego durchzudrücken, was sie innerlich und oft auch körperlich als anstrengend empfand. Aber dann verweigerte der Wächter diesem Treiben situativ seine Zustimmung und Stille ward, musste werden, während sie sich gleichzeitig unangenehm emotional aufgepusht fühlte. Eine Art innere Zwangsbremsung fand statt. 


"Themawechsel bitte" 

oder

 "vergiß das Thema"

 "Schweige !"

"Fertig aus." 


So in etwa lautete dann immer die knappe innere Anweisung. Nicht wortwörtlich, aber so fühlte sich die Botschaft aus dem Innen an. 

Sie hatte immer nicht recht verstehen können, warum sie derlei "Anweisungen" bekam. 

Sie wußte und sie verstand nicht, was oder wer da "sprach". Deshalb konnte sie das "gesagte" nicht für sich einordnen und damit eben leider auch nicht verstehen. Also machte sie sich oft Vorwürfe deswegen und Worte wie "feige" und "arschlos" kamen ihr in den Sinn, weil sie sich aus ihrer alten Sicht heraus gefühlt "unnötig" um bestimmte Situationen herumdrückte und die Konfrontation mied. 

Dabei war das alles Unsinn. Sie hatte gute Gründe konfrontative Momente zu meiden. Es war ihr innerer Wächter, der sie ausbremste. Der Teil in ihr, der sie vor Unvorsichtigkeiten und Ressourcen übersteigenden "Nicht-Klugheiten" warnte und diese zu verhindern suchte, indem er versuchte, sie von etwas abzuhalten, was er als riskant einstufte. 

Dieser Wächter war eine ihrer Ich-Einheiten und damit ein Teil von ihr. 

Der Wächter handelte immer in der Summe ihrer bisher gemachten Erfahrungen bei Handlungen im und mit dem Außen. 

Er tat das, um sie zu schützen. 

Er zeigte ihr ihre Grenzen auf, vermutlich auch, damit sie sich nicht länger in inhaltsleere Machtkämpfe um alte Positionen verwickelte.

Außerdem wollte er sie damit vor schlechten Emotionen und der Wiederholung von alten Mustern schützen.

Er, der innere Wächter, wollte sie vor Schaden bewahren. Und er tat gut daran, dachte sie. 


Er war auf ihrer Seite, er war eine wertvolle Ressource und er handelte immer auf der Grundlage aller bisher in ihrem Leben gemachten Erfahrungen, hielt sie sich erneut den Kern seiner Bestimmung vor Augen, um es nur ja nicht wieder zu vergessen. 

Denn sowas passierte ihr manchmal mit klugen Gedanken. Eben noch da, waren sie Sekunden später schon wie von Zauberhand verschwunden. Und dann ärgerte sie sich. Also prägte sie sich diese Sätze gut ein, denn sie wollte nichts davon im Treiben der Gedanken verlieren. 

Ja, diese Sätze erklärten ihr eine ganze Menge Dinge. Sie wußte nun, warum sie oft [noch] nicht über etwas sprechen durfte und sie verstand auch, warum der Wächter eine bestimmte Art der Sprache in der Aufarbeitung ihrer Lebenserfahrungen forderte. Es ging dabei um Achtsamkeit, Würde und Respekt. Sich selbst und anderen gegenüber. Also forderte er die Achtsamkeit stellvertretend für sie ein und das war natürlich wichtig, auch in dieser Sache stimmte sie ihm voll zu.  

Er war ziemlich weise, dieser Wächter. Er "wußte" oder ahnte von Problemen und Schwierigkeiten, die ihr Ego oft [noch] gar nicht wahrgenommen und somit auch noch nicht als mögliches Problem erkannt hatte. 

Das war es auch, was daran so schwierig war. Das war es, was es ihr schwierig machte, ihn als Wächter und als einen schützenden Freund zu erkennen und zu verstehen. 

Denn sie wußte nicht, das er es war, sie verstand seine wichtige Aufgabe noch nicht und sie so wußte sie nicht, 
warum er sie zum Schweigen brachte oder sie von Handlungen Abstand nehmen ließ. Und so kam es wieder und wieder dazu, dass sie, durch alte Konditionierung und aus der ihr eigenen Unsicherheit heraus der Bewertungs- und Beurteilungsspirale verfiel, und sich selbst gegenüber immer wieder in alten Mustern von Abwertung und Ausgrenzung handelte.

Denn das war, war sie durch ihrer Adoptivmutter gelernt hatte, gar bitter hatte lernen müssen! 

Und so folgte sie diesem Muster immer wieder (gelernt ist halt gelernt) wie einem roten Faden als Leitmotiv und fand sich auch im Außen oft darin bestätigt, sich selbst schlecht oder klein zu machen und sich damit weiterhin klein zu halten und so war alles seinen schrecklichen Weg gegangen, all die vielen Jahre und Jahrzehnte.

Sie war getaumelt, von einer Traumatisierung in die nächste und dann kam zwischendrin immer wieder eine Phase des scheinbaren Vergessens und der Kompensation. Eine wohl notwendige Atempause für ihr angeschlagenes und erschöpftes Ich. Ein Break der ihr das Luft holen von all den schlimmen Erlebnissen ermöglichte, in der Zeit zwischen den traumatischen Erfahrungen. Ein ewig langer Kreislauf.

Den Wächter hatte sie den überwiegenden Teil ihres Lebens nicht bewußt vernommen. Ich glaube, das sie damals nichts von ihm wußte, woher auch. Allenfalls ahnte sie, das da etwas war.

Sie war noch sehr jung und sie hörte ihn vielleicht irgendwie, in Form einer Unlust, eines Unwillens, dies oder jenes lieber nicht zu tun, dieses oder jenes lieber zu vermeiden, doch sie verstand den Sinn hinter denen diffus empfundenen Mahnungen und der inneren Haltung nicht. Und so war sie außerstande diese Ich-Einheit als Ich-Einheit und als ihren Wächter erkennen. Zu dieser Zeit wußte sie ja nicht einmal, dass es sowas wie Ich-Einheiten gab, dachte sie, gleichzeitig die Stirn runzelnd über soviel Unwissen und schmunzelnd über ihre damalige Naivität. 

Trotz alledem tat der Wächter getarnt als Teil der Intuition sein bestes, positiv auf sie einzuwirken, in all den mal sehr schlimmen und dann wieder auch sehr schönen Phasen ihres Lebens. 
  
Vor kurzem führte sie ein Gespräch mit einer Überlebenden, einem Menschen, mit dem sie augenscheinlich einige Erfahrungen teilte. Und sie berichtete ihrer Gesprächspartnerin von dieser Stimme im Inneren, die sie seit einiger Zeit diffus wahrnahm und das sie sich wundere, warum sie ihr immer wieder dazu riete nicht aus der Masse hervorzustechen, warum sie sie warnte, nicht aus der Masse herauszuragen und warum sie ihr auftrug, ganz allgemein nach Möglichkeit nicht aufzufallen. Es ging dabei irgendwie um ihre Sichtbarkeit, soviel war ihr inzwischen klar geworden, der Rest lag im dunkeln.

Im Gespräch wurde ihr geraten über diese innere Haltung oder "Stimme" nachzudenken und vielleicht später darüber zu schreiben, etwas was sie hier und heute mit Freuden tat. 

Und nach einer Nacht des ausgiebigen Nachdenkens kam sie schließlich auf die [so naheliegende] Lösung und erkannte den Wächter als Wächter und als eine ihrer Ich-Einheiten. Wahrscheinlich, weil die Zeit jetzt wohl reif für diese Erkenntnis war, dachte sie. 

Sie begriff und verstand den Wächter zunehmend als wichtige innere Ressource. Eine, die schon immer in ihr geschlummert hatte und die sie [zumindestens mental und geistig] lange Zeit oder den überwiegenden Teil ihres Lebens nicht als eine solche verstanden und begriffen hatte. 

Und DAS hatte sich nun gerade geändert. Vor etwa einem Monat fiel es ihr wie "Schuppen von den Augen", dachte sie amüsiert über den metaphorischen Begriff. 

Warum fiel einem sowas nicht wie "Schuppen aus den Haaren" oder wie "Schuppen vom Kopf", dachte sie in einer leicht rebellischen Anwandlung, die sie spontan lachen ließ. Das hätte irgendwie logischer geklungen. Woher das wohl stammte, dieses geflügelte Wort? 

Es war ja auch egal, versuchte sie ihren Geist wieder einzufangen, woher die Schuppen nun fielen, es zählte doch nur, DAS sie fielen, dachte sie schmunzelnd. 

Denn Antworten zu bekommen und gewisse Dinge in Bezug auf sich selbst und ihre Geschichte zu verstehen, das war in der letzten Zeit immer wichtiger für sie geworden.

Und die Frage nach dem Sinn und dem Grund dieser "inneren Anweisungen" durch den Wächter war nun beantwortet. Das war super! fand sie.

Nachdem sie Vergleiche, Bewertungen und Urteile im Umgang mit sich [und der Außenwelt] unterließ oder zumindest drastisch reduziert hatte [gleich neben Erwartungen und Erwartungshaltungen an sich selbst und ihre Umwelt] war sie innerlich frei geworden, die Stimme ihres inneren Wächters klar zu hören, sie zu erkennen und zu verstehen. Das hatte sie einen Riesenschritt weiter gebracht in der persönlichen Entwicklung. 

Man konnte auch mit den inneren Ich-Einheiten kommunizieren, indem man sie einfach direkt ansprach, hatte sie herausgefunden. Und sie bekam auf diese innere Ansprache in der Regel auch Reaktionen, wenn sie versuchte mit dieser Ich-Einheit zu kommunizieren. Manchmal in Form "inneren Wissens" und manchmal in Form körperlicher Symptome. 

Hatte der Wächter beispielsweise Stress mit dem, was sich das Ego wagte, kam es bei ihr zu spontanen Anfällen von Tinnitus oder Bluthochdruck oder der Puls stieg rasch an und das Herz raste, resümierte sie für sich die Erfahrungen der letzten Wochen.  

In einem solchen Moment ging sie nun seit kurzem direkt in den Kontakt mit ihrem Wächter und damit ins innere Gespräch mit ihm. Dabei beruhigte sie ihn, indem sie zum Beispiel verschiedene Handlungsstrategien vor ihm ausbreitete. 

Sie zählte ihm im Geiste denkbare Alternativen und Optionen auf, für den Fall, dass ihr Ego dem Wächter ein wenig "zu mutig" geworden war. 

Die Reaktion kam meist schnell. Er verstand sie fast immer auf Anhieb.

Sie hatte überlegt gehandelt, sie war bewußt ein Wagnis eingegangen, im Wissen um vorhandene Handlungsoptionen, falls sich ihr mutiger Vorstoß als ein Fehlschlag herausstellte. Er war beruhigt. Sie war im Kontext und sie war zentriert. Seiner Ansicht nach waren das wohl gute Voraussetzungen, um neue Erfahrungen zu machen und sich aus alten Mustern und aktiv von alten Erinnerungen zu befreien. 

Und so wußte sie von nun an auch, das sie mit ihrem Wächter verhandeln konnte, so das er nicht aus Selbstschutz und Sorge vor Überforderung  wieder Depression, Ängste oder einen Rückzug über sie stürzen lassen würde. 

Und so waren all diese Gedanken und Erkenntnisse wahrlich wegweisend und kraftgebend. Alles war gut wie es war, dachte sie dankbar.

Sie hatte sich gerade erst eine Liste geschrieben und darauf grob die zu durchlaufenden Phasen der Entwicklung aufgelistet, um sich so einen Überblick über ihre Situation zu erarbeiten.



Sie befand sich nach ihrer Einschätzung inzwischen im Bereich zwischen Akzeptanz und Frieden. Manchmal steckte sie auch nochmal in der Trauer fest, aber ihre Entwicklung bewegte sich klar in Richtung Akzeptanz und Verstehen, und damit hin zum Frieden. Zu ihrem Frieden. Sie mochte diese Betonung, die akzentuiert herausarbeitete, das es IHR Friede war. 

Erheblich zu diesem Frieden beigetragen hatte die Entdeckung des inneren Wächters. 

"Das Verstehen für seine Funktion als Wächter und die Erkenntnis, das alle seine getroffenen Entscheidungen oder "inneren Anweisungen" auf der Summe aller ihrer bisher gemachten Erfahrungen ruhten.

Diese Entdeckung war die Entdeckung einer mächtigen Ressource. Es war eine Kraft die schon immer in ihr gewesen war und die sie immer schon zu schützen versuchte, ihr gesamtes Leben lang",

fasste sie ihre Erkenntnisse erneut zusammen.  

Im Alter von 53 Jahren durfte sie durchaus von einer langen menschlichen Zeitspanne sprechen, von mehr als einem halben Jahrhundert gemachter Erfahrungen. 

Die Tiefe dieser Entdeckung machte sie gerade ein wenig schwindelig, aber sie reihte sich auch nahtlos ein in eine ganze Reihe von Erkenntnissen in den letzten zwei Jahren, allesamt sehr bedeutsam für sie. 

Lang gesuchte Antworten auf lang gehegte Fragen waren das. Es ging um Muster und Monster, um Strukturen, um Verbindungen, um Kontext, um Verstehen und es ging um den Mut sich all dem "direct in your face", vordringend zum Kern, zu stellen. 

Sie fühlte, nein, sie WUßTE, das war der Weg. Das war IHR Weg, hinaus aus dem Schlamassel und endlich weg von der Vergangenheit hin zu einem reellen Hier und Jetzt. 

Darüber, das wußte sie instinktiv ebenso, öffnete sich eine Türe in die Zukunft. In ihre Zukunft auf dieser "verrückten Welt", die sich mit der Zeit als doch nicht ganz so verrückt und unlogisch zeigte, wenn.. ja, wenn man genau hinsah und die vermeintlich kleinen Dinge des Lebens wiederentdeckte. 

So war ihr versöhnlich zumute, ihr Inneres war friedlich und auf Verstehen gestimmt. Doch auf die "Quatschköppe dieser Welt" wollte sie trotzdem auch weiterhin einen achtsamen Blick haben, das nahm sie sich fest vor. 

Die kürzlich getroffene Entscheidung ab nun erstmal in einer experimentellen Phase in Form von Kurzgeschichten aus ihrem Leben zu erzählen, begeisterte sie. Es schien ihr eine ganze Fülle an Möglichkeiten zu bereiten über viele kleine Begebenheiten aus ihrem Leben zu erzählen, ohne sich dabei komplett nackich zu machen. Jedenfalls fühlte es sich für sie so an, etwaige Leserinnen oder Leser ihrer Kurzgeschichten mochten das vermutlich oder vielleicht anders wahrnehmen.  

Letztlich gab es in etwa so viele Wahrnehmungen [und damit persönlich empfundene Wahrheiten], wie es Menschen auf der Erde gab und das waren derzeit  irgendwas um die 8 Milliarden Menschen. Und wenn man da noch drauf rechnete, wieviele Wahrnehmungen ein einzelner Mensch vielleicht hatte oder haben konnte, war die Summe unterschiedlicher Wahrnehmungen und Wahrheiten eine exorbitant hohe Zahl, beschloß sie den Gedanken. 

Ihre Wahrnehmung war eine von vielen im Teich des Lebens und das war so in Ordnung für sie. 

In der Küche roch es verführerisch nach Kuchen und frischem Tee und sie beschloß, das - Ende - ins Handy zu tippen, um das Gerät danach beiseite zu legen. Es war alles gesagt, dachte sie zufrieden. 

- Ende -


Pat - 15.11.2016, 17:22h Part I
          21.11.2016, 16:09h Part II
          28.12.2016 erstveröffentlicht
          31.12.2016 überarbeitet
          12.02.2017 überarbeitet
          14.06.2017 überarbeitet 
          15.06.2017 last edit

Tags: Wächter, Überlebende, Schutz, Erkenntnis, Gedankenwelt, Depression, Adoptivmutter, Muster, Kurzgeschichte, Geschichte, Sie

Foto: Pixabay  

Wir alle wollen etwas [Gedicht]





Wir alle wollen etwas
besonderes sein und
übersehen dabei das
Naheliegende.

Das wir alle, 
jeder für sich,
seit der Geburt 
etwas Besonderes sind!

Und das wir das 
immer bleiben werden. 

Egal was andere uns 
glauben machen wollen. 

Kein Einer gleicht dem Anderen aufs Haar
und jedem Wesen wohnt ein besonderer Zauber inne.
  


Pat - 24.11.2016
          19:29h 

Tags: Gedicht, Gedankenwelt 

Fotos: Pixabay 


Mittwoch, 30. November 2016

Gespräch mit einer Fliege [Kurztext]


"Hummelbesuch"

p/artworkx digital art
by Pat - 11.04.2017



Gespräch mit einer Fliege


"Ich werde sterben", sagte die Fliege.

"Ich werde auch sterben", antwortete ich.

"Meine Zeit ist bald um", sagte die Fliege.

"Meine auch", sagte ich.

"Darf ich mich kurz hier ausruhen?" fragte die Fliege.

Dann fügte sie leise hinzu:
"Ich bin müde."

"Ich auch." sagte ich.
Ruhen wir gemeinsam.



Pat - 30.11.2016, 02:51h
Tags: Gedicht, Fabel 

Montag, 28. November 2016

Berührt [Kurztext]

(für Originalbild bitte hier klicken)

Berührt

Eine Welle von Emotionen 
schob sich von ihr zu mir.

Irgendwas mit 
Dunkel
Verzweiflung
Narben
und Schmerz. 

Ich wollte meine Arme 
für sie öffnen,
instinktiv. 

Ich wollte sie
umarmen,
demonstrativ,

sie mit ihren Narben versöhnen. 

Ich
hatte
sie
nie
zuvor
gesehen.

Im Hauch 
einer Sekunde
hatte sie 
mich berührt. 


Pat 28.11.2016
       02:58h 

Tags: Kurztext, Gedicht, Welle, Emotion, Schmerz, Trauer, Narben, Intuition


zu diesem Text:

Über eine zufällige und indirekte Begegnung auf Twitter.  

Freitag, 25. November 2016

Und wieder mal: Veränderung [Kurzgeschichte]

[für Originalfoto hier klicken]



Und wieder mal: Veränderung 


[Veränderung und das erkennen des Geflechtes, auf der Reise aus der Dunkelheit der Depression ins Licht] 



Gellend zuckten die Schreie der Möwen über den pastellfarben blauen Novemberhimmel. Wolkenbänder zogen kaum merklich treibend in Bahnen dahin, ihrer Bestimmung entgegen. 

"Wo auch immer diese zu finden war..", dachte sie seufzend. 

Veränderung kommt nicht in einem großen Schritt, sondern in tausend kleinen Schritten, verteilt über die Zeit,

überlegte sie. 

Und irgendwann stand man dann da und blickte zurück und sah all die kleinen Veränderungen Step by Step, wie sie sich in einem großen Ganzen zusammenfügten. Und im Nachhinein ergab so vieles einen Sinn, aus der Distanz erklärten sich die vielen kleinen Begebenheiten und Entscheidungen. 

Die Veränderungen ballten sich geradezu zusammen, zu einem Ball der vielen kleinen Schritte, Erlebnisse und Lektionen [genauer: Informationen] des Lebens.

Und so hielt sie dann im Endeffekt jetzt, hier und heute eine Art Arbeitsversion dieses Balles in den seelischen oder geistigen Händen. Er war noch nicht vollkommen rund, dieser Ball, aber man konnte ihm seine Schönheit und sein verdichtetes Wissen schon ansehen. 

Sie hatte nicht gewußt, noch hatte sie geahnt, das diese Schönheit in ihr stecken könnte. Es war etwas Vollkommenes. Es war Wissen in seiner reinsten Form und es war eingebettet in bedingungslose Liebe.

Zu sich selbst und zum großen Ganzen. Sie wußte es nun wieder, sie hatte es vor einigen Monaten erkannt, sie hatte "es" wiedergefunden. Sie war seit diesem Tag wieder bewußt Teil des Geflechtes, das aus reiner Energie und unzähligen Lebensformen und Lebensarten bestand. Und alle waren sie miteinander im Geflecht verbunden.

Ewig in ihrer Unendlichkeit und ihrem Sein und stetig wechselnd in den verschiedenen Aggregatzuständen ihrer Existenz, wie sie es für sich nannte. 

Diese Art Schönheit lag in jedem einzelnen Wesen verborgen, sie ruhte dort, bis es bereit war, diese Verbindung [wieder] zu entdecken und bis man bereit war, sie [erneut] zu empfangen, in einem Akt von sich bewußt werden.

Es war eine Art Geschenk, dieses Bewußtsein. Und es verband alle bewußten Wesen miteinander, alles Sein. Es wurde einem zur Geburt in diese Existenz mitgegeben und dann, ja, was passierte dann eigentlich, überlegte sie.

Irgendwie schien es dann mit der Zeit zu verblassen und langsam in den Hintergrund des Daseins zu rutschen, als ob es in eine Nebelzone des Unterbewußten zurückgestoßen würde, dachte sie. 

Vielleicht wurde es auch zurück ins Grau des diffusen Inneren gesogen. Hm, sie war nicht sicher. 

Wurde es gestoßen oder wurde es gesogen?

Letztlich aber war das nicht wichtig. Es war eine unnötige Bewertung des Geschehens, eines Geschehens, das man unmöglich komplett bewußt erlebt haben konnte und deshalb spielte es keine Rolle, ob dieses Bewußtsein nun gesogen oder gestoßen würde. Das waren "zuviele [unnötige] Details", die sich von ihr sowieso nicht "mit Brief und Siegel" belegen lassen würden, dachte sie zerstreut. 

Aber "es", dieses Bewußtsein um die Verbindung zum großen Ganzen, das kam einem mit der Zeit abhanden, ja, das traf zu, fasste sie für sich zusammen.

Als kleines Kind wußte man es noch, da war die Welt noch voller Zauber und Magie. In jungen Jahren sah man sie noch, die Fabelwesen unterm Bett oder im Schrank in der Ecke. Manifestierte Ängste und eine weite Vorstellungskraft, die eine magische Verbindung ins Geflecht hatte.

Oder man hatte diesen "unsichtbaren Kumpel" zum spielen, der für eine gewisse Phase da war, der einen begleitete und der einen so gut kannte. Und wie, als könnten sie ihn nicht sehen, sahen sie ihn auch wirklich nicht. Aber man selbst wußte genau, das er existierte, man konnte ihn sehen und mit ihm sprechen und mit ihm spielen. Er war eine Art Verbindungsglied zum Geflecht. 

Ähnlich verhielt es sich mit dem Kontakt zu Tieren. Wenn die Verbindung aktiv war, fand der Kontakt auf einer intuitiven Ebene statt, erfüllt von einer Leichtigkeit und einer gewissen Unkompliziertheit im Umgang mit dem Tier. 

Manche nannten diese Menschen, die diesen intuitiven Draht zu Tieren hatten, in Ermangelung umfassenden Verstehens "Tierflüsterer". 

Obwohl der Mensch nur seine menschliche Sprache und ein überschaubares Arsenal an Lauten hatte und Tiere die menschliche Sprache doch eigentlich nicht verstehen konnten, wie allgemein angenommen wurde, gab es eine Verständigung, auf einer anderen Ebene. 

Es war eine tiefe Verbindung ins Tierreich, die sich manchmal ein Leben lang erhielt, wie als ein stiller Beweis für die Existenz einer übergeordneten und direkten Verbindung von Wesen untereinander, die man als junger Mensch noch quasi direkt erleben durfte. 

Und dann irgendwann, irgendwie endete es. Sie war nicht sicher warum es endete. Vielleicht endete es, weil ihre Wahrnehmung sich änderte, vielfach korrigiert und konditioniert von den anderen und besonders von den Erwachsenen. 

Und was die sagten, war klar: Dinge, die man nicht sieht, die gibt es nicht.

Obwohl ihnen inzwischen mithilfe der Wissenschaften schon unzählige Male das Gegenteil bewiesen worden war, war dies immer noch die grundsätzliche Einstellung der meisten Erwachsenen, sagte ihr die gemachte Erfahrung.

Das man zum Beispiel elektrischen Strom oder Gas nicht sehen konnte und beide trotzdem in der ihnen eigenen Struktur existierten, ja, das war halt etwas anderes, hieß es dann, wenn sie auf derlei Ungereimtheiten in ihrer Haltung hinwies. 

Das sind nur die Hirngespinste deiner "überreizten Nerven", das wurde ihr dann oft genug suggeriert. Und doch wußte sie es besser. Es hatte diese Verbindung des großen Ganzen zu ihrem tiefsten Inneren gegeben und sie war real und echt gewesen. 

Aber über die Zeit verblasste diese Verbindung zum Geflecht zu einer Erinnerung und diese wurde mit den Jahren und Jahrzehnten immer unzugänglicher und verschwamm schließlich mit der Zeit zu einer bloßen Frage, ob es diese Verbindung denn je tatsächlich gegeben habe. 

Es gab eine Zeit in ihrem Leben, in der sie sich selbst nicht mehr sicher war und sich sagte, das sie all das wahrscheinlich nur geträumt hatte. 

Knisternd und knackend fiel nun ein eisiger Schneeregen auf die kalten Blätter, die unter der Linde am Boden lagen, während sie sich auf dem Balkon ein kleine Auszeit vom Drinnen gönnte. 

Ein fabelhaftes Geräusch war das! Es entzückte sie in seiner Leichtigkeit und mit dem Geräusch des raschelnden Knacken, das anscheinend die vielfach landenden Eiskristalle auf dem gefrorenen Blätteruntergrund verursachten. 

Sie kam gerne hier hinaus, neuerdings wieder.

Schaudernd erinnerte sie sich an früher, wie es gewesen war, in ihrer dunklen Phase der allumfassenden Depression, in der sie sich vor dem Leben "da Draussen" versteckt hatte und kaum das Sonnenlicht sah.

Eine lange Phase des Getrenntseins, eine Zeit der Abkehr vom Leben und den Lebenden, ein Rückzug vom Draussen. 

Ein Rückzug, der notwendig gewesen war, verursacht durch den inneren Schmerz und durch die innere Leere. 

Verursacht auch von dem scheinbar endlosen Gefühl einer lähmenden Schwere, die sie damals ergriffen hatte und die begleitet wurde von einer unfassbaren Müdigkeit, die die ehedem mühsam struktrurierte Zeit aufweichte, zerbröselte und zu bedeutungslosem Staub zermahlte. 

Sie hatte nicht damit gerechnet, das sie diese Jahre heil überstehen würde. Sie konnte auch nicht damit rechnen, das sie diese Zeit der Kämpfe mit mächtigen inneren Dämonen überleben würde.

Damals war sie über jeden einzelnen Tag "froh", den sie überlebte. Falls sie überhaupt gerade in der Lage war, einzelne Tage im Empfinden klar voneinander zu trennen und zu unterscheiden und sowas wie Freude zu empfinden. Oft war sie nämlich auch garnicht froh zu leben, weil das bedeutete all das noch länger zu er-tragen.  

Manchmal waren es einfach nur zusammengeklumpte Ballen von Zeit, von Tagen, von Wochen oder gar von Monaten, die sich erst durch den Wechsel in eine andere Phase voneinander unterscheiden ließen. Und selbst diese Abstufung zu machen, fiel oft genug schwer oder war gefühlt nicht leistbar.

Oft war sie einfach froh oder sie wunderte sich auch manchmal, das sie es überhaupt schaffte, zu überleben. Denn in manchen Phasen kostete allein das überleben sie eine unfassbar große Menge an Energie und es schien unfassbar schwer zu sein, diesen Zustand auch nur einen Tag länger zu ertragen. 

Das kostete Energie, die sie gefühlt längst nicht mehr hatte und sie ächzte oft unter der Vorstellung, bald einfach zusammenzuklappen, weil sie leergebrannt war.

Schwach, am Ende ihrer Kräfte, am Ende ihrer Zuversicht und am Ende ihres Vertrauens in das Leben und in den vermeintlichen Sinn des Lebens, der damals nur ein inhaltsloser leerer Begriff für sie war. 

Inzwischen war es ihr zu kalt geworden, draussen auf dem Balkon. Die Luft war passend zur Jahreszeit wunderbar frisch und vorwinterlich klar und angehm zu atmen, aber die frierigen Finger waren schon etwas hinderlich beim tippen, dachte sie amüsiert. 

Nun gut, warum nicht, es war inzwischen sowieso dunkel geworden um sie herum, nur der leuchtende Bildschirm ihres Handies leuchtete weißlich in der Dunkelheit und beleuchtete dabei den unteren Teils ihres Gesichtes, während sie emsig in die Tasten haute, um ihre Gedanken niederzuschreiben. Das sah bestimmt creepy aus, dachte sie lachend. 

Es war an der Zeit hineinzugehen, ins Warme und zurück auf die große, zwar alte, aber auch gemütliche Ledercouch im Wohnzimmer. 

Sie war eine von denen, die man aufgegeben hatte, setzte sie dort ihre zuvor begonnenen Überlegungen fort. Man hatte sie irgendwann aufgegeben und zurückgelassen, dort in ihrer kleinen Nische, irgendwo am Rand der Gesellschaft, versteckt im Nirvana der vielzähligen anderen, die wie sie nicht länger funktionierten.

Ihr war das recht gewesen, oft sogar auch lieber gewesen, denn man ließ sie meistens in Ruhe. Man ließ ihr die Ruhe in Ruhe zu sterben, dachte sie. 

Viele hatten sie aufgegeben, sie rechneten längst nicht mehr damit, das ihr Leben wieder in "normale Bahnen" zurückkehren würde oder das sie es überhaupt überleben würde, dieses Leben. 

Immer wieder von schweren Erkrankungen gezeichnet, körperlich wie psychisch, und durchgerüttelt und durchgeschüttelt von den Unwägbarkeiten ihres Lebens, war das über eine lange Zeit eine durchaus plausible Einschätzung ihrer Lage gewesen, die sie durchaus, und zwar in der überwiegenden Zeit, teilte. Ihre Lage war verdammt mies damals. 

Und dennoch hatte sie irgendwie trotzdem nie komplett aufgegeben und immer wieder gekämpft und sich immer wieder gerieben, an offiziellen Stellen wie zum Beispiel Behörden oder Gerichten oder dem Energieversorger, dem Vermieter, der Bank und an ihrem Leben und an sich selbst und an der Vergangenheit, denn sie wollte und konnte nie ganz aufgeben.

In ihren schlimmsten Zeiten hielt sie sich an etwas unverrückbarem fest, an dem Gedanken, das all das einen Sinn haben mußte! [Und sollte!]
Und sie dachte an ihre Kinder, daran das sie gebraucht wurde. 

Sie spürte, das dieses Dunkel und die Qualen, verursacht durch die Vielfachtraumatisierungen und die unzähligen Gewalterfahrungen nicht alles waren, da war noch mehr. Irgendwie wußte sie das. Sie hatte scheinbar doch noch den Hauch einer Ahnung, ihre Intuition war wohl doch nicht tot und sie spürte das da noch eine Kraft war, ein Rest Mü an Kraft, scheinbar reserviert für besondere Notsituationen.

Und so, sann sie nach, hatte es  irgendwann klammheimlich angefangen, sich in ihr zu verändern. Es war als ob sie zunehmend eine Art Bewußtsein für dieses Hamsterrad und seine Aufarbeitung entwickeln würde.

Das ging mit ihrer Entscheidung zusammen, einen neuen Blog zu starten. Sich noch einmal hinzusetzen und ihr Leben via Blog aufzuschreiben und dadurch auch erneut aufzuarbeiten. Und ab da ging es eigentlich nur noch Schritt um Schritt weiter. Manchmal sogar im Laufschritt, so das sie Mühe hatte, ihrer eigenen Entwicklung hinterher zu kommen, dachte sie, sich erinnernd. 

Ja, manchmal war das echt fett! Phasen, in denen neue Erkenntnisse geradezu über sie herfielen, so viele an der Zahl, so viele Einsichten, wo es früher so lange keine Antworten gegeben hatte und nun schienen sie geradezu "vom Himmel zu regnen", dachte sie, amüsiert durch den metaphorischen Begriff, der ihr spontan in den Sinn kam. 

In der einen Phase war sie so gesättigt gewesen mit Input, das sie förmlich den Eindruck hatte überladen zu werden, spräche sie auch nur noch ein einziges Wort.

Gespräche waren ihr zu dieser Zeit ehr ein Graus. Sie wollte nicht sprechen, sie hatte nichts zu sagen, nichts mitzuteilen, sie war bis zum Bersten voll mit Information und Erleben und das wollte erst einmal zu einem intuitiven Wissen verarbeitet und verwoben werden. Es wollte Teil dieses "Balles" werden. In der Stille und in der Ruhe, im Zurückgezogensein, abseits der überaus lebendigen, schnelllebigen und reizintensiven Welt. 

Und zwischen diesen beiden Phasen des Sprechens und des Schweigens, waren noch die Zustände des Chaos, des Nichtlängerwissens, der Neuordnung und der Veränderung der eigenen Sprache hin zu einem bewußten und achtsamen Kontakt mit sich selbst und mit ihrer Umwelt. 

Oho, es war einiges los in dieser Zeit, dachte sie schmunzelnd. Begonnen, wieder neu begonnen, hatte es mit diesem Blog im August letzten Jahres. 

Und nun, etwas mehr als ein Jahr später, war etwas wunderbares eingetreten, mit dem sie schon nicht mehr gerechnet hatte.

Das sie es schaffen würde, endlich ihren Frieden zu machen und abzuschließen mit der Vergangenheit. Etwas anders, als immer gedacht, denn es würde keine dramatische Auf- oder Abrechnung mehr zwischen den Beteiligten geben, aber es würde nun bald enden. 

Sie war im Begriff zurück von der Vergangenheit in das Hier und in das Heute zu wechseln. Denn jetzt, das konnte sie zweifelsfrei sagen, hatte sie wieder ein Heute! 

Vielleicht lag der Schlüssel auch darin, Veränderung annehmen zu können, bereit für sie zu sein oder sich bewußt für Veränderung zu entscheiden, sie aus dem tiefsten Inneren zu wollen und auch wollen zu können, in dem man berücksichtigte ob man über die inneren wie auch äußerlichen Ressourcen verfügte, die man für die Veränderung brauchte, überlegte sie.



Veränderung bedingte Entwicklung und Entwicklung war ein steter Prozess, der jedoch oft nicht im Vordergrund ablief, sondern sehr viel tiefschichtiger, verborgen im Inneren. Manchmal war die Veränderung direkt spürbar. So, wie heute wieder. Sie liebte diese Tage, wenn Dinge sich offensichtlich fügten und zusammenfanden. 

Ich verändere mich, also bin ich, dachte sie grinsend und packte das Handy weg. Es war Zeit, sich auszuruhen. Und morgen war ein neuer Tag. 


- Ende -


Pat - 15.11.2016
          12:14h
          23.11.2016 edit 


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Diese Kurzgeschichte gehört zur Text-Reihe:




Zu diesem Text:

Dieser Text wurde in Form einer experimentellen Kurzgeschichte um eine Art Alter Ego von mir geschrieben. Ihr Name ist mir noch nicht bekannt, daher tritt sie schlicht als "sie" in Erscheinung.

Der Text basiert überwiegend auf erlebten und zum Teil auf fiktiven Inhalten und Angaben, um mir dergestalt ein empfundenes Mehr an schriftstellerischen Freiheiten zu ermöglichen. 

Der Text gehört dennoch als eine Art Update zu diesem Text:

"Die Veränderung kommt" vom 21.08.2015