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Mittwoch, 30. November 2016

Gespräch mit einer Fliege [Kurztext]


"Hummelbesuch"

p/artworkx digital art
by Pat - 11.04.2017



Gespräch mit einer Fliege


"Ich werde sterben", sagte die Fliege.

"Ich werde auch sterben", antwortete ich.

"Meine Zeit ist bald um", sagte die Fliege.

"Meine auch", sagte ich.

"Darf ich mich kurz hier ausruhen?" fragte die Fliege.

Dann fügte sie leise hinzu:
"Ich bin müde."

"Ich auch." sagte ich.
Ruhen wir gemeinsam.



Pat - 30.11.2016, 02:51h
Tags: Gedicht, Fabel 

Montag, 28. November 2016

Berührt [Kurztext]

(für Originalbild bitte hier klicken)

Berührt

Eine Welle von Emotionen 
schob sich von ihr zu mir.

Irgendwas mit 
Dunkel
Verzweiflung
Narben
und Schmerz. 

Ich wollte meine Arme 
für sie öffnen,
instinktiv. 

Ich wollte sie
umarmen,
demonstrativ,

sie mit ihren Narben versöhnen. 

Ich
hatte
sie
nie
zuvor
gesehen.

Im Hauch 
einer Sekunde
hatte sie 
mich berührt. 


Pat 28.11.2016
       02:58h 

Tags: Kurztext, Gedicht, Welle, Emotion, Schmerz, Trauer, Narben, Intuition


zu diesem Text:

Über eine zufällige und indirekte Begegnung auf Twitter.  

Freitag, 25. November 2016

Und wieder mal: Veränderung [Kurzgeschichte]

[für Originalfoto hier klicken]



Und wieder mal: Veränderung 


[Veränderung und das erkennen des Geflechtes, auf der Reise aus der Dunkelheit der Depression ins Licht] 



Gellend zuckten die Schreie der Möwen über den pastellfarben blauen Novemberhimmel. Wolkenbänder zogen kaum merklich treibend in Bahnen dahin, ihrer Bestimmung entgegen. 

"Wo auch immer diese zu finden war..", dachte sie seufzend. 

Veränderung kommt nicht in einem großen Schritt, sondern in tausend kleinen Schritten, verteilt über die Zeit,

überlegte sie. 

Und irgendwann stand man dann da und blickte zurück und sah all die kleinen Veränderungen Step by Step, wie sie sich in einem großen Ganzen zusammenfügten. Und im Nachhinein ergab so vieles einen Sinn, aus der Distanz erklärten sich die vielen kleinen Begebenheiten und Entscheidungen. 

Die Veränderungen ballten sich geradezu zusammen, zu einem Ball der vielen kleinen Schritte, Erlebnisse und Lektionen [genauer: Informationen] des Lebens.

Und so hielt sie dann im Endeffekt jetzt, hier und heute eine Art Arbeitsversion dieses Balles in den seelischen oder geistigen Händen. Er war noch nicht vollkommen rund, dieser Ball, aber man konnte ihm seine Schönheit und sein verdichtetes Wissen schon ansehen. 

Sie hatte nicht gewußt, noch hatte sie geahnt, das diese Schönheit in ihr stecken könnte. Es war etwas Vollkommenes. Es war Wissen in seiner reinsten Form und es war eingebettet in bedingungslose Liebe.

Zu sich selbst und zum großen Ganzen. Sie wußte es nun wieder, sie hatte es vor einigen Monaten erkannt, sie hatte "es" wiedergefunden. Sie war seit diesem Tag wieder bewußt Teil des Geflechtes, das aus reiner Energie und unzähligen Lebensformen und Lebensarten bestand. Und alle waren sie miteinander im Geflecht verbunden.

Ewig in ihrer Unendlichkeit und ihrem Sein und stetig wechselnd in den verschiedenen Aggregatzuständen ihrer Existenz, wie sie es für sich nannte. 

Diese Art Schönheit lag in jedem einzelnen Wesen verborgen, sie ruhte dort, bis es bereit war, diese Verbindung [wieder] zu entdecken und bis man bereit war, sie [erneut] zu empfangen, in einem Akt von sich bewußt werden.

Es war eine Art Geschenk, dieses Bewußtsein. Und es verband alle bewußten Wesen miteinander, alles Sein. Es wurde einem zur Geburt in diese Existenz mitgegeben und dann, ja, was passierte dann eigentlich, überlegte sie.

Irgendwie schien es dann mit der Zeit zu verblassen und langsam in den Hintergrund des Daseins zu rutschen, als ob es in eine Nebelzone des Unterbewußten zurückgestoßen würde, dachte sie. 

Vielleicht wurde es auch zurück ins Grau des diffusen Inneren gesogen. Hm, sie war nicht sicher. 

Wurde es gestoßen oder wurde es gesogen?

Letztlich aber war das nicht wichtig. Es war eine unnötige Bewertung des Geschehens, eines Geschehens, das man unmöglich komplett bewußt erlebt haben konnte und deshalb spielte es keine Rolle, ob dieses Bewußtsein nun gesogen oder gestoßen würde. Das waren "zuviele [unnötige] Details", die sich von ihr sowieso nicht "mit Brief und Siegel" belegen lassen würden, dachte sie zerstreut. 

Aber "es", dieses Bewußtsein um die Verbindung zum großen Ganzen, das kam einem mit der Zeit abhanden, ja, das traf zu, fasste sie für sich zusammen.

Als kleines Kind wußte man es noch, da war die Welt noch voller Zauber und Magie. In jungen Jahren sah man sie noch, die Fabelwesen unterm Bett oder im Schrank in der Ecke. Manifestierte Ängste und eine weite Vorstellungskraft, die eine magische Verbindung ins Geflecht hatte.

Oder man hatte diesen "unsichtbaren Kumpel" zum spielen, der für eine gewisse Phase da war, der einen begleitete und der einen so gut kannte. Und wie, als könnten sie ihn nicht sehen, sahen sie ihn auch wirklich nicht. Aber man selbst wußte genau, das er existierte, man konnte ihn sehen und mit ihm sprechen und mit ihm spielen. Er war eine Art Verbindungsglied zum Geflecht. 

Ähnlich verhielt es sich mit dem Kontakt zu Tieren. Wenn die Verbindung aktiv war, fand der Kontakt auf einer intuitiven Ebene statt, erfüllt von einer Leichtigkeit und einer gewissen Unkompliziertheit im Umgang mit dem Tier. 

Manche nannten diese Menschen, die diesen intuitiven Draht zu Tieren hatten, in Ermangelung umfassenden Verstehens "Tierflüsterer". 

Obwohl der Mensch nur seine menschliche Sprache und ein überschaubares Arsenal an Lauten hatte und Tiere die menschliche Sprache doch eigentlich nicht verstehen konnten, wie allgemein angenommen wurde, gab es eine Verständigung, auf einer anderen Ebene. 

Es war eine tiefe Verbindung ins Tierreich, die sich manchmal ein Leben lang erhielt, wie als ein stiller Beweis für die Existenz einer übergeordneten und direkten Verbindung von Wesen untereinander, die man als junger Mensch noch quasi direkt erleben durfte. 

Und dann irgendwann, irgendwie endete es. Sie war nicht sicher warum es endete. Vielleicht endete es, weil ihre Wahrnehmung sich änderte, vielfach korrigiert und konditioniert von den anderen und besonders von den Erwachsenen. 

Und was die sagten, war klar: Dinge, die man nicht sieht, die gibt es nicht.

Obwohl ihnen inzwischen mithilfe der Wissenschaften schon unzählige Male das Gegenteil bewiesen worden war, war dies immer noch die grundsätzliche Einstellung der meisten Erwachsenen, sagte ihr die gemachte Erfahrung.

Das man zum Beispiel elektrischen Strom oder Gas nicht sehen konnte und beide trotzdem in der ihnen eigenen Struktur existierten, ja, das war halt etwas anderes, hieß es dann, wenn sie auf derlei Ungereimtheiten in ihrer Haltung hinwies. 

Das sind nur die Hirngespinste deiner "überreizten Nerven", das wurde ihr dann oft genug suggeriert. Und doch wußte sie es besser. Es hatte diese Verbindung des großen Ganzen zu ihrem tiefsten Inneren gegeben und sie war real und echt gewesen. 

Aber über die Zeit verblasste diese Verbindung zum Geflecht zu einer Erinnerung und diese wurde mit den Jahren und Jahrzehnten immer unzugänglicher und verschwamm schließlich mit der Zeit zu einer bloßen Frage, ob es diese Verbindung denn je tatsächlich gegeben habe. 

Es gab eine Zeit in ihrem Leben, in der sie sich selbst nicht mehr sicher war und sich sagte, das sie all das wahrscheinlich nur geträumt hatte. 

Knisternd und knackend fiel nun ein eisiger Schneeregen auf die kalten Blätter, die unter der Linde am Boden lagen, während sie sich auf dem Balkon ein kleine Auszeit vom Drinnen gönnte. 

Ein fabelhaftes Geräusch war das! Es entzückte sie in seiner Leichtigkeit und mit dem Geräusch des raschelnden Knacken, das anscheinend die vielfach landenden Eiskristalle auf dem gefrorenen Blätteruntergrund verursachten. 

Sie kam gerne hier hinaus, neuerdings wieder.

Schaudernd erinnerte sie sich an früher, wie es gewesen war, in ihrer dunklen Phase der allumfassenden Depression, in der sie sich vor dem Leben "da Draussen" versteckt hatte und kaum das Sonnenlicht sah.

Eine lange Phase des Getrenntseins, eine Zeit der Abkehr vom Leben und den Lebenden, ein Rückzug vom Draussen. 

Ein Rückzug, der notwendig gewesen war, verursacht durch den inneren Schmerz und durch die innere Leere. 

Verursacht auch von dem scheinbar endlosen Gefühl einer lähmenden Schwere, die sie damals ergriffen hatte und die begleitet wurde von einer unfassbaren Müdigkeit, die die ehedem mühsam struktrurierte Zeit aufweichte, zerbröselte und zu bedeutungslosem Staub zermahlte. 

Sie hatte nicht damit gerechnet, das sie diese Jahre heil überstehen würde. Sie konnte auch nicht damit rechnen, das sie diese Zeit der Kämpfe mit mächtigen inneren Dämonen überleben würde.

Damals war sie über jeden einzelnen Tag "froh", den sie überlebte. Falls sie überhaupt gerade in der Lage war, einzelne Tage im Empfinden klar voneinander zu trennen und zu unterscheiden und sowas wie Freude zu empfinden. Oft war sie nämlich auch garnicht froh zu leben, weil das bedeutete all das noch länger zu er-tragen.  

Manchmal waren es einfach nur zusammengeklumpte Ballen von Zeit, von Tagen, von Wochen oder gar von Monaten, die sich erst durch den Wechsel in eine andere Phase voneinander unterscheiden ließen. Und selbst diese Abstufung zu machen, fiel oft genug schwer oder war gefühlt nicht leistbar.

Oft war sie einfach froh oder sie wunderte sich auch manchmal, das sie es überhaupt schaffte, zu überleben. Denn in manchen Phasen kostete allein das überleben sie eine unfassbar große Menge an Energie und es schien unfassbar schwer zu sein, diesen Zustand auch nur einen Tag länger zu ertragen. 

Das kostete Energie, die sie gefühlt längst nicht mehr hatte und sie ächzte oft unter der Vorstellung, bald einfach zusammenzuklappen, weil sie leergebrannt war.

Schwach, am Ende ihrer Kräfte, am Ende ihrer Zuversicht und am Ende ihres Vertrauens in das Leben und in den vermeintlichen Sinn des Lebens, der damals nur ein inhaltsloser leerer Begriff für sie war. 

Inzwischen war es ihr zu kalt geworden, draussen auf dem Balkon. Die Luft war passend zur Jahreszeit wunderbar frisch und vorwinterlich klar und angehm zu atmen, aber die frierigen Finger waren schon etwas hinderlich beim tippen, dachte sie amüsiert. 

Nun gut, warum nicht, es war inzwischen sowieso dunkel geworden um sie herum, nur der leuchtende Bildschirm ihres Handies leuchtete weißlich in der Dunkelheit und beleuchtete dabei den unteren Teils ihres Gesichtes, während sie emsig in die Tasten haute, um ihre Gedanken niederzuschreiben. Das sah bestimmt creepy aus, dachte sie lachend. 

Es war an der Zeit hineinzugehen, ins Warme und zurück auf die große, zwar alte, aber auch gemütliche Ledercouch im Wohnzimmer. 

Sie war eine von denen, die man aufgegeben hatte, setzte sie dort ihre zuvor begonnenen Überlegungen fort. Man hatte sie irgendwann aufgegeben und zurückgelassen, dort in ihrer kleinen Nische, irgendwo am Rand der Gesellschaft, versteckt im Nirvana der vielzähligen anderen, die wie sie nicht länger funktionierten.

Ihr war das recht gewesen, oft sogar auch lieber gewesen, denn man ließ sie meistens in Ruhe. Man ließ ihr die Ruhe in Ruhe zu sterben, dachte sie. 

Viele hatten sie aufgegeben, sie rechneten längst nicht mehr damit, das ihr Leben wieder in "normale Bahnen" zurückkehren würde oder das sie es überhaupt überleben würde, dieses Leben. 

Immer wieder von schweren Erkrankungen gezeichnet, körperlich wie psychisch, und durchgerüttelt und durchgeschüttelt von den Unwägbarkeiten ihres Lebens, war das über eine lange Zeit eine durchaus plausible Einschätzung ihrer Lage gewesen, die sie durchaus, und zwar in der überwiegenden Zeit, teilte. Ihre Lage war verdammt mies damals. 

Und dennoch hatte sie irgendwie trotzdem nie komplett aufgegeben und immer wieder gekämpft und sich immer wieder gerieben, an offiziellen Stellen wie zum Beispiel Behörden oder Gerichten oder dem Energieversorger, dem Vermieter, der Bank und an ihrem Leben und an sich selbst und an der Vergangenheit, denn sie wollte und konnte nie ganz aufgeben.

In ihren schlimmsten Zeiten hielt sie sich an etwas unverrückbarem fest, an dem Gedanken, das all das einen Sinn haben mußte! [Und sollte!]
Und sie dachte an ihre Kinder, daran das sie gebraucht wurde. 

Sie spürte, das dieses Dunkel und die Qualen, verursacht durch die Vielfachtraumatisierungen und die unzähligen Gewalterfahrungen nicht alles waren, da war noch mehr. Irgendwie wußte sie das. Sie hatte scheinbar doch noch den Hauch einer Ahnung, ihre Intuition war wohl doch nicht tot und sie spürte das da noch eine Kraft war, ein Rest Mü an Kraft, scheinbar reserviert für besondere Notsituationen.

Und so, sann sie nach, hatte es  irgendwann klammheimlich angefangen, sich in ihr zu verändern. Es war als ob sie zunehmend eine Art Bewußtsein für dieses Hamsterrad und seine Aufarbeitung entwickeln würde.

Das ging mit ihrer Entscheidung zusammen, einen neuen Blog zu starten. Sich noch einmal hinzusetzen und ihr Leben via Blog aufzuschreiben und dadurch auch erneut aufzuarbeiten. Und ab da ging es eigentlich nur noch Schritt um Schritt weiter. Manchmal sogar im Laufschritt, so das sie Mühe hatte, ihrer eigenen Entwicklung hinterher zu kommen, dachte sie, sich erinnernd. 

Ja, manchmal war das echt fett! Phasen, in denen neue Erkenntnisse geradezu über sie herfielen, so viele an der Zahl, so viele Einsichten, wo es früher so lange keine Antworten gegeben hatte und nun schienen sie geradezu "vom Himmel zu regnen", dachte sie, amüsiert durch den metaphorischen Begriff, der ihr spontan in den Sinn kam. 

In der einen Phase war sie so gesättigt gewesen mit Input, das sie förmlich den Eindruck hatte überladen zu werden, spräche sie auch nur noch ein einziges Wort.

Gespräche waren ihr zu dieser Zeit ehr ein Graus. Sie wollte nicht sprechen, sie hatte nichts zu sagen, nichts mitzuteilen, sie war bis zum Bersten voll mit Information und Erleben und das wollte erst einmal zu einem intuitiven Wissen verarbeitet und verwoben werden. Es wollte Teil dieses "Balles" werden. In der Stille und in der Ruhe, im Zurückgezogensein, abseits der überaus lebendigen, schnelllebigen und reizintensiven Welt. 

Und zwischen diesen beiden Phasen des Sprechens und des Schweigens, waren noch die Zustände des Chaos, des Nichtlängerwissens, der Neuordnung und der Veränderung der eigenen Sprache hin zu einem bewußten und achtsamen Kontakt mit sich selbst und mit ihrer Umwelt. 

Oho, es war einiges los in dieser Zeit, dachte sie schmunzelnd. Begonnen, wieder neu begonnen, hatte es mit diesem Blog im August letzten Jahres. 

Und nun, etwas mehr als ein Jahr später, war etwas wunderbares eingetreten, mit dem sie schon nicht mehr gerechnet hatte.

Das sie es schaffen würde, endlich ihren Frieden zu machen und abzuschließen mit der Vergangenheit. Etwas anders, als immer gedacht, denn es würde keine dramatische Auf- oder Abrechnung mehr zwischen den Beteiligten geben, aber es würde nun bald enden. 

Sie war im Begriff zurück von der Vergangenheit in das Hier und in das Heute zu wechseln. Denn jetzt, das konnte sie zweifelsfrei sagen, hatte sie wieder ein Heute! 

Vielleicht lag der Schlüssel auch darin, Veränderung annehmen zu können, bereit für sie zu sein oder sich bewußt für Veränderung zu entscheiden, sie aus dem tiefsten Inneren zu wollen und auch wollen zu können, in dem man berücksichtigte ob man über die inneren wie auch äußerlichen Ressourcen verfügte, die man für die Veränderung brauchte, überlegte sie.



Veränderung bedingte Entwicklung und Entwicklung war ein steter Prozess, der jedoch oft nicht im Vordergrund ablief, sondern sehr viel tiefschichtiger, verborgen im Inneren. Manchmal war die Veränderung direkt spürbar. So, wie heute wieder. Sie liebte diese Tage, wenn Dinge sich offensichtlich fügten und zusammenfanden. 

Ich verändere mich, also bin ich, dachte sie grinsend und packte das Handy weg. Es war Zeit, sich auszuruhen. Und morgen war ein neuer Tag. 


- Ende -


Pat - 15.11.2016
          12:14h
          23.11.2016 edit 


Tags: Veränderung, Depression, Rückschau, Kurzgeschichte, Geschichte, IchunddieDepression, Leben, Liebe, Verbindung, Jetzt, Hier, Sie 



Diese Kurzgeschichte gehört zur Text-Reihe:




Zu diesem Text:

Dieser Text wurde in Form einer experimentellen Kurzgeschichte um eine Art Alter Ego von mir geschrieben. Ihr Name ist mir noch nicht bekannt, daher tritt sie schlicht als "sie" in Erscheinung.

Der Text basiert überwiegend auf erlebten und zum Teil auf fiktiven Inhalten und Angaben, um mir dergestalt ein empfundenes Mehr an schriftstellerischen Freiheiten zu ermöglichen. 

Der Text gehört dennoch als eine Art Update zu diesem Text:

"Die Veränderung kommt" vom 21.08.2015 


Donnerstag, 24. November 2016

Und sieh! [Gedicht]


Und sieh!
Der Himmel,
er ist vor dir.

Und sieh!
Die Hölle,
sie lässt du hinter dir.

Und sieh,
der Himmel,
er ist nicht über dir!

Und sieh,
die Hölle,
sie ist nicht unter dir!

Denn sieh,
der Himmel,
er ist in dir,

so wie,
die Hölle,
ein Teil von dir! 

Alles 
ist
in
dir.

Du musst
es nur
finden.


Pat - 23.11.2016
         01:03h

Tags: Gedicht, Himmel, Hölle, Depression 


Montag, 14. November 2016

Der Besuch [Kurzgeschichte]



Der Besuch 

[Auftritt Herr B.]


Kennen sie auch diese Menschen, denen man mit dem, was man tut, oder nicht mehr tut, scheinbar nie gut genug zu sein scheint? Als ob aus ihrer Sicht etwas über einem läge, eine Art von Fluch oder ein Makel. Und wahrscheinlich ist es auch genau so, dachte Sie, man reichte ihnen nie aus. 

Egal, was man unternimmt, es ist diesen Menschen nie genug, dachte Sie. Vielleicht würde an dieser Stelle auch ein "nicht" anstatt des "nie" reichen, aber nein, gefühlt war es immer ein klares "nie", das von diesen Menschen in der Kommunikation bei ihr ankam.

"Ich schreibe jetzt.", sagte Sie zu ihrem Gegenüber. - "Aha, du schreibst..." Ein ungläubiger Blick schien Sie zu treffen . - "Was schreibst du denn so?", fragte ihr Gegenüber, scheinbar lauernd. 

"Ich schreibe über mein Leben, Gedichte und Geschichten", antwortete Sie, während Sie seine Mimik aufmerksam studierte.

Schlagartig schien sein Interesse an ihren Worten nachzulassen, resümierte Sie für sich die Veränderungen der Microausdrücke in seinem Gesicht.  

Ach, "so Eine" bist du nun also.. schien er zu denken. 

Okay, warte, ich möchte dir etwas zeigen.. dachte Sie im Stillen und sagte dann laut zu ihm: "Ich lese dir etwas vor, wenn du möchtest...?" 

Ihr Satz endete mit einem hörbaren Fragezeichen. 

Der Blick, dem Sie ihrem Gegenüber dabei zuwarf, hatte gefühlt etwas bittendes und das gefiel ihr nicht. Denn hinter ihrem Blick an ihn steckte die Hoffnung, das ihr Gegenüber sich auf diese Offerte, Sie wieder näher kennenzulernen, einlassen möge. Um dabei ein wenig über ihre Entwicklung in den letzten Jahren zu erfahren. Irgendwie wünschte Sie sich dieses Interesse von ihm. 

Immerhin hatte er sich viele Jahre einfach komplett ausgeklinkt aus ihrem Leben und das könnte er jetzt eigentlich wieder ein bischen "gut machen", dachte Sie mit zusammengekniffenden Lippen, spontan ein wenig beleidigt durch die Erinnerung. 

Während Sie sich gleichzeitig über ihren wahrscheinlich bittenden und hoffenden Blick an ihn ärgerte.

"Pokerface Baby!"

"Lass ihn nicht so tief blicken, Baby!" 

forderte eine Stimme aus ihrem Inneren mit Nachdruck. 

Haha, "gut machen", überhaupt, tsss, überlegte spontan ein anderer Teil von ihr. Das klang lustig. Nicht! 

Als ob es sich überhaupt jemals wieder gut machen ließe, das er sich nie wirklich um Sie und ihrer beider Sohn geschert hatte. Weil immer etwas anderes "wichtiger war" und halt auch "weil". Weil seine Art zu leben ihm vorging und weil in dieser Art zu leben halt kein Platz für Sie war. 

Weil isso, fertig aus. Nein, Sie hatte gerade überhaupt keine Lust diese Art Gefühle zu vertiefen, also schickte Sie die Gedanken in die Wüste und konzentrierte sich wieder auf ihren seltenen Besucher. 

Das letzte Mal hatte Sie ihn vor einem Jahr zu Gesicht bekommen und davor hatte Sie unfassbare acht Jahre weder etwas von ihm gesehen, noch gehört. [Pah! Sie war wirklich verärgert.]

Sie mochte ihm keine Texte über das Dunkle zumuten, weil Sie Angst hatte, das er ihr dann mit der Aufmerksamkeit absprang. Und das würde Sie schade finden, wenn Sie ehrlich war, denn er sollte doch merken dürfen und können, das Sie sich verändert hatte und am Leben gewachsen war. 

Sie entschied sich, ihm zwei Texte zur Auswahl vorzuschlagen und erläuterte ihm in beschreibenden Worten kurz Inhalt und Message der Texte, damit er eine Entscheidungsgrundlage erhielt. 

Gleichzeitig ärgerte Sie sich darüber, das es ihr so sehr wichtig zu sein schien, das er ihre innere Veränderung nicht nur bemerkte, sondern zudem anerkannte, das es diese positive Entwicklung bei ihr gab!

"Warum zum Teufel, ist dir das nur so wichtig, dachte Sie mit zerfasernden Nerven", weil Sie sich durch die ungewohnte Situation und die darin enthaltenen Spannungsfelder gestresst fühlte. 

Parallel dazu überlegte Sie auf einer anderen Ebene, das Sie ihm ruhig auch etwas von den älteren und den von ihr sogenannten "dunklen Texten" hätte vorlesen können.

Denn vielleicht war ihre Wahrnehmung, das er dann abspränge, schlichterdings auch nur eine voraussetzende Annahme und möglicherweise war es sogar eine unzutreffende Annahme. Vergallopierte Sie sich etwa gerade?

Puh, allmählich geriet Sie in enervierende Gedankenräder und es wurde höchste Eisenbahn sich daraus wieder zu befreien und fortzufahren, notierte Sie sich noch schnell im Geiste und holte dann innerlich tief Luft. 

Und dann präsentierte Sie ihm die folgenden zwei Geschichten zur Auswahl:



Er [nennen wir ihn der Einfachheit halber ab jetzt mal den Herr B.] entschied sich für die zuletzt genannte Geschichte und Sie begann ihm, immer noch leicht überfordert mit dieser Situation und auch immer noch etwas unsicher in der Präsentation ihrer Texte, daraus vorzulesen. 

Mit der Zeit fing sich ihre angespannte Stimme und allmählich glitt Sie auch hinein, in den vertrauten Rhythmus des von ihr geschriebenes Textes. Die Versprecher wurden auch langsam weniger und Sie spürte, das Sie an Raum gewann. Raum, an und in dem Sie wachsen konnte, dachte etwas in ihr erleichtert.    

Sie offenbarte sich ihm, Sie präsentierte ihm ihre Gedankenwelt und die damit verknüpften emotionalen Ebenen. Sie öffnete sich.

Ob auch er sich für Sie öffnen könnte und würde, stand allerdings auf einem anderen Blatt. Das konnte Sie gefühlt weder fordern noch erwarten, dachte Sie. Es war etwas, was sich nur wieder neu ergeben konnte, beschloß Sie den Gedanken im Stillen, während ein anderer Teil von ihr sich wunderte, das Sie überhaupt derlei Gedanken hatte. 

Das ist schon auch etwas creepy, dachte dieser Teil. 

Gleichzeitig fragte sich etwas in ihr, ob es diese Art von Freiraum lassen war, die dazu führte, das er sich seinen Freiraum tatsächlich auch genauso nahm, wie er es halt getan hatte. Ohne dabei groß auf Sie oder seinen Sohn zu schauen. Wenn man es genau nehmen wollte, überlegte Sie, hatte er auch im Kleinen nicht auf sie beide geschaut und war nicht dagewesen, als sie ihn gebraucht hatten. 

Sie wußte trotzdem keine Antwort darauf. In diesem Moment konnte Sie sich keine Antwort auf diese stumme innere Frage geben. Sie hatte schlichtweg keine. Deshalb vertagte Sie diese Sache und tat sie in das Schubkästlein zu den anderen unbeantworteten Fragen, um es anschließend energisch zurück in ein Regal ins Innere zu schieben. 

Langsam las Sie ihm in der Außenwelt die letzten Worte der Geschichte vor und endete dann, gespannt auf seine Reaktion. 

Etwas in ihr fragte, ob Sie sich nun dafür ein Lob wünschte oder worum zur Hölle es ihr hier eigentlich ging.

Aha, da war der Part, der einem das eigene Tun gern madig machte, dachte sie angeekelt. Ein innerer Kritiker-Typ mit Hang zum Täter und zur Abwertung, den sie nun schon eine Weile scharf im Blick hatte, auf eine achtsame und aufmerksame Weise. 

Dann erinnerte Sie sich:

"Du wünscht dir, das er deine Entwicklung wahrnimmt. Das er wahrnimmt, das sie stattgefunden hat. Aus irgendeinem Grund ist dir das wichtig.", erklang es ruhig aus ihrem Inneren. 

Das Gespräch mit Herrn B. endete in einem Gespräch über die Klickzahlen ihres Blogs und das es ja nicht gerade eine hohe Zahl sei und folglich mit diesen "Texten" für Sie wohl auch "kein Geld zu machen sei" und überhaupt, so richtig habe er mit dem Text auch nichts anfangen können. 

Dieser letzte Satz war nicht, was er sagte, aber er war das, was er dachte und was Sie hörte, da war Sie sich sicher. Sie konnte regelrecht spüren und "riechen", das er so dachte. 

Die anderen Sachen hatte er allerdings gesagt. Jedes einzelne davon. Und damit hatte er im Prinzip nichts anderes ausgedrückt, als: 

"Ja, schön für dich, das du schreibst. Das sagt aber erstens nichts über die Qualität aus (da hat er recht, dachte Sie unwillkürlich) und zweitens ist der Markt klein und deshalb wirst du damit nichts verdienen." 

"Womit er vermutlich auch Recht hat", machte sich erneut eine Stimme in ihr bemerkbar. Nur, was wenn das garnicht ihre Priorität und ihr Anspruch waren?!, dachte sie seufzend. 

"How about this Baby?!"

flüsterte es wie ein Echo in ihrem Kopf, um dann langsam in rollenden  Tönen wieder zu verhallen. 

Letztendlich sagte er ihr doch: 

"Wozu schreibst du überhaupt. Ich versteh nicht, warum du das tust. Du kannst es eigentlich, meiner Meinung nach, auch gleich lassen, weil es verschwendete Lebenszeit und Lebensmüh ist." 

"Punkt, Baby!" krähte etwas fröhlich in ihr. 

Am Ende seiner unausgesprochenen Worte stand für Sie klar erkennbar: 

"Du kannst wie gehabt keine Leistung einbringen, die dir Geld bringt und deshalb hast du auch nicht wirklich etwas erreicht in meinen Augen. Du bist derselbe verkackte Charakter, der zu nix taugt und der du immer warst." 

Bei diesen Worten schien er sie geradezu anzufunkeln, das sah sie in ihrer Vorstellung deutlich vor sich. 

[Discordia kicherte.]

Und *Bämm* stand Sie wieder vor ihrer Sie abwertenden und Sie klein haltenden Adoptivmutter, diesmal manifestiert in Herrn B., ihrem situationsbedingten Gegenüber. 

Holy shit! 

Aber, Sie hatte dazugelernt. Sie hatte diese alten Abwertungsmuster verstehen und erkennen gelernt und ihnen damit einen großen Teil ihrer Macht über sich genommen. Und sie wußte genau, warum und für wen Sie schrieb. 

In erster Linie schrieb Sie für sich selbst, weil es ihr gut tat, weil Sie sich darüber kennenlernen konnte, überlegte Sie. In zweiter Linie schrieb Sie für Menschen, die ihre Texte lesen würden und die vielleicht daraus etwas für sich mitnehmen konnten oder mochten. Sie schrieb auch, um ein Beispiel zu geben, wie es sein kann im Leben, um davon zu erzählen wie es sein konnte.

Um zu schildern wie und mit welchen Gedanken und Erfahrungen Sie ihren Weg ging. Und Sie schrieb, weil es ihr Spass machte und Freude bereitete. Und nicht zuletzt schrieb Sie, weil Sie sich während des Schreibens kreativ ausdrücken konnte und das war vielleicht sogar der beste aller Gründe zu schreiben, dachte Sie.

Und der Leistungsgedanke, pah, der stand ganz sicher nicht oben auf ihrer Liste, dachte sie, während innerlich etwas empört schnaubte. 

Ihrer inneren Argumentation folgend waren Klickzahlen und vordergründige Verwertungsideen nunmal nicht so wichtig für Sie. Es würde Sie lesen, wer Sie lesen "sollte" oder wollte. 

"So einfach, Baby!" 

flüsterte es in ihr.

"Die Texte werden erreichen, wen auch immer sie erreichen sollen.."

rief es sanft hinterher. 

Sie würde das entspannt sehen und nicht viel auf diese scheinbar so wichtigen Klickzahlen geben. Sie nahm sich nochmal entschieden vor, nicht in diese Leistungsfalle und unter diesen Druck zu geraten. 

Alles war gut, wie es gerade war, sagte Sie sich. Wer weiß, ob Sie das überhaupt wollte, dieses "von ganz vielen gelesen zu werden", pah! Das war ja auch noch nicht mal ansatzweise geklärt oder überhaupt innerlich als Thema angekuckt, überlegte Sie. Und zum jetzigen Zeitpunkt wollte Sie darüber auch garnicht nachdenken, also schob Sie das Thema gedanklich zurück in die Ecke der ungelegten Eier. 

Ein Geräusch aus dem Draussen drang in ihr Bewußtsein und ließ Sie aus den Überlegungen hochschrecken. Uih, das klang fies. 

Draußen sang irgendeine arme Kreatur das letzte Lied ihres Lebens. Zumindest klang es danach. Das Geräusch war schrill, leidend, in Wellen auflodernd und ebbte dann langsam ab. Ihr schauderte und eine dicke fette Gänsehaut kroch ihr den Rücken herauf. Das brachte Sie zurück in die Gegenwart und raus aus dem Dschungel ihrer Gedanken. 

Plötzlich fiel ihr auf, das Sie innerlich schon wieder vor ihrer Adoptivmutter gestanden hatte, als Sie über das Gespräch mit Herrn B. nachsinnierte. 

"Auf Wiedersehen Mama!" rief Sie spontan erleichtert aus und schon rauschte sie ab, diese "Hexe", wie Sie sie manchmal emotional entflammt für sich nannte. 

"Endlich haut sie ab und lässt mich in Ruh!," überlegte Sie. 

"Ihre Auftritte werden immer kürzer und es gelingt mir inzwischen immer öfter, sie, die Erscheinung der Adoptivmutter selbst, wie auch die Auftritte dieser Erscheinung, aus einer heilsamen Distanz zu erleben.", fasste Sie das Geschehen für sich erleichtert zusammen. 

Das machte ihr Mut! Und Mut konnte Sie gut brauchen. 


- Ende - 


Pat - 07.11.2016
          20:53h
edit  14.11.2016


Tags: Kurzgeschichte, Gedankenwelt, Adoptivmutter, schreiben, Muster, Abwertung, Leben, Besuch, HerrB, Sie, Discordia 


zu diesem Text:

Dieser Text wurde in Form einer experimentellen Kurzgeschichte um eine Art Alter Ego von mir geschrieben. Ihr Name ist mir noch nicht bekannt, daher tritt sie schlicht als "sie" in Erscheinung.

Der Text basiert überwiegend auf erlebten und zum Teil auf fiktiven Inhalten und Angaben, um mir dergestalt ein empfundenes Mehr an schriftstellerischen Freiheiten zu ermöglichen. 

Betrachten sie den Text bitte einfach [wie ich] als Experiment. ;)