Blog durchsuchen

Posts mit dem Label Rückschau werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Rückschau werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Donnerstag, 10. November 2022

Irgendwann [Depression] (eine Konserve aus der Vergangenheit)




Irgendwann

(Aus der Reihe: Ich und die Depression • Die Depression und ich - Teil 1/Irgendwann) 


Irgendwann ist man einfach an diesem einen Punkt. Irgendwann kann man einfach nicht mehr. Irgendwann hat man keine Kraft mehr, das eigene "Anderssein" weiter vor der Leistungsgesellschaft zu verstecken. Irgendwann will man sich vielleicht auch nicht mehr verstecken. Vielleicht ahnt man zu dieser Zeit schon seit Jahren, dass man nicht mehr mithalten kann. Lauter kleine und größere Begebenheiten, Erlebnisse und Probleme führen es einem immer deutlicher vor Augen. Man ist am Ende seiner Kräfte. Man funktioniert nicht mehr. 

Es fällt einem immer schwerer die innere Angeschlagenheit und das Verwundetsein  zu verbergen. Man will nur noch seine Ruhe haben. Man braucht diese Ruhe. Dringend. Und so nimmt man sich immer mehr Auszeiten. Zieht sich zurück. Verschwindet tage-, wochen- oder monatelang aus den sozialen Netzen, geht nicht mehr ans Telefon, ignoriert Whapp, stellt vielleicht auch die Türklingel aus. Man isoliert sich. 

Im Prinzip spricht nichts dagegen sich nach innen zurückzuziehen, doch meistens tut man es als depressiver Mensch verschämt und heimlich. Und da liegt ein großer Hund begraben. Denn Angehörige, Freunde, Arbeitgeber oder Behörden.. sie alle verstehen nicht wirklich was da vorgeht, warum man sich so verändert oder warum man abtaucht. Manche/r hat dir vielleicht auch schon nen blöden Spruch gedrückt. Sagte, dass man ja nur faul sei und gefälligst seinen Hintern hochbekommen solle. Man solle sich doch bitte einfach nur mal etwas mehr anstrengen und nicht so "gehen lassen". Oder: "Geh doch mal raus! Das hilft!" Klar! Logo. Man geht vielleicht gerade seit Monaten nur noch raus weil man mal wieder was zu essen braucht und kommt auch sonst  tendenziell ehr nicht klar. Mit gar nichts. Nicht mit dem Briefkasten, noch mit der eigenen Hygiene, anderen Menschen oder überhaupt irgendwas, was mehr wäre, als sein Leben zu ertragen und irgendwie weiter zu leben.. Und dann kommt so ein kluger Spruch. Wie hilfreich. Nicht! "Stell dich nicht so an, XY geht es viel schlechter als dir!" ist auch so ein hilfloser Spruch, der null bringt. Außer, dass der diesen Satz Aussprechende sich nun vielleicht etwas besser fühlt. Weil er damit immerhin überhaupt etwas zu deiner Situation gesagt hat.   

Sowas will man nicht hören, es hilft nicht das zu hören, so ein Spruch wie "Geh doch (einfach) mal raus!" lässt obendrein die eigenen inneren Grenzen noch deutlicher aufleuchten, man fühlt sich wie ein totaler Versager. Was für den anderen so einfach scheint, schafft man eben gerade nicht (mehr). Und schon erst recht nicht einfach so. 

Auch den Freunden gegenüber, bei denen man sich seit Ewigkeiten nicht gemeldet hat und lange mehr keinen "offiziellen Anlass" wie Geburtstage oder ähnliche Ereignisse gewürdigt hat, fühlt man sich schlecht und wie ein Versager. Im sozialen Netz oder im Game tauchen vielleicht schon Fragen auf, warum man sich denn nicht meldet. Man liest das und man könnte sich melden, einfach auftauchen und antworten. Oder?

Aber hey, nein, das kann man vielleicht eben gerade nicht, einfach weil man mit dem überleben an sich beschäftigt ist, in tiefer Depression (seelischem Tiefdruck) steckt. Und so wird man mit der Zeit immer schweigsamer und die Grenze zu den Menschen da draußen wird immer höher und man überlegt, wie man sein Verhalten erklären könnte. Doch, wie erklärt man etwas, was man doch selbst nicht so recht begreift? Und wie spricht man eigentlich über Dinge, für die man sich (aus Angst vor Bewertung/Abwertung und durch Konditionierung) schämt?  

Als es mich vor etlichen Jahren so richtig runter riss, wurde ich mit der Zeit immer stummer. In den ersten Jahren erfand ich noch Erklärungen, warum ich mich nicht gemeldet hatte. Ich sei so beschäftigt gewesen, wenig Zeit halt. Das täte mir leid und ich würde mich bestimmt melden! Oder ich erzählte, das ich ziemlich krank gewesen sei und deshalb nicht schreiben/antworten/anrufen/vorbeikommen konnte. Man sieht oder hört sich sagen/schreiben, man hätte eine fiese/sich festsetzende Erkältung/Grippe/Magen-Darm/Migräne oder was-auch-immer-Krankheit gehabt und konnte deshalb leider nicht.. blablabla.. undsoweiter. Banale Alltagskrankheiten eignen sich immer gut als Erklärung oder Ausrede, weil jeder sie aus Erfahrung kennt und daher versteht, das es einem grad nicht gut geht/ging.

Eine Weile hält man das so durch, immer wieder eine Ausrede zu präsentieren und es ist erstaunlich wie leicht einem diese Ausreden auch immer wieder abgekauft werden. Obwohl dem Umfeld inzwischen eigentlich aufgefallen sein müsste, das irgendwas nicht mit einem stimmt. Doch es gibt meist unterschwellige und individuelle Gründe auf beiden Seiten, das trotzdem nicht offen zu thematisieren und darüber nicht zu kommunizieren.

Auf meiner Seite stand die Scham "versagt" zu haben, nicht (mehr) zu funktionieren, nicht wirklich erklären zu können, warum man nicht (mehr) funktionierte und das Gegenüber wußte vielleicht auch nicht so recht, ob's hätte nachfragen sollen. Hatte vielleicht Angst vor der Antwort auf die Frage was denn los ist. Wußte nicht wie es mit der Antwort umgehen soll, verstand das alles auch irgendwie sowie nicht so wirklich, war selbst müde, hatte (gefühlt oder real) keine Zeit und so weiter. 

So findet dann quasi eine Art taktisches Belauern zwischen dem eigenen Ich und der Umwelt statt. Das große Schweigen und Ignorieren. 

Wer sich zuerst bewegt, hat verloren. Natürlich gibt es auch rühmliche Ausnahmen, die schon früh begriffen haben, das da bei dir mächtig was schief läuft und die versuchen mit dir in Kontakt zu kommen. Über ihre Worte freust du dich, sie wärmen dein Herz. 

Irgendwann kommt man an den Punkt an dem man keine Ausreden mehr hat. Oder/und keine mehr haben will. Weil man es tief innen drin nicht mehr aushält zu lügen, Menschen zu täuschen und in die Irre zu führen. Weil man es nicht mehr erträgt wesentliche Dinge ungesagt zu lassen. Weil man sich und seine Probleme nicht mehr verstecken will. Und es vielleicht auch einfach nicht mehr kann. All die Ausreden und kleinen oder vielleicht sogar größeren Lügen haben Kraft gekostet. Sie aufrecht zu erhalten würde auch weiterhin Kraft kosten. Kraft, die man gefühlt nicht (mehr) hat. Man wird es langsam müde, dieses Karussell. 

In mir wuchs mit der Zeit der Wunsch nach mehr Ehrlichkeit im Umgang mit meinem Umfeld und auch mit mir selbst. Ich war all das satt, all die Lügen und Verschleierungsversuche hatte ich satt. Bis oben hin. Ich wollte auch nie mehr aus Höflichkeit die Antwort geben, das es mir gut geht, wenn das nicht den Tatsachen entsprach. Irgendwann nervt dieser "gordische Knoten" einen einfach und man kann ihn vielleicht nicht mit einem Hieb zerschlagen, wohl aber ihn lösen, entwirren, Faden für Faden.

Also beschloss ich irgendwann die Katze beim Schwanz zu packen, wie man so sagt, und schwor mir aufrichtig und offener zu werden. Mein erstes Outing (vor ca. 8 Jahren) als Depressive war sehr zaghaft und leise. Und es dauerte noch ziemlich lange bis ich überall zugab, das ich schwer depressiv bin. Zuletzt tat ich es offen auf Twitter. Das war erst im letzten Herbst. Bis dahin hatte ich es in der Öffentlichkeit immer noch geheim gehalten. 

Und zu manch anderem was mir in den 52 Jahren passiert ist, kann ich bis heute noch nicht stehen... 

Aber hey, irgendwann ist man an diesem einem Punkt, an dem man... siehe oben. ;-) 

So, genug jetzt. Ausfabuliert. Für heute jedenfalls. ;) Und bevor ich es mir noch wieder anders überlege tippe ich jetzt mal lieber auf veröffentlichen. 

Gute Nacht! ;)


Pat - 27.02.2016, 01:43h

---

(minimal) editiert & ergänzt: 27.02.16, 14:48h

Tags: Depression, Gedanken, Rückschau, Reflektion, IchunddieDepression







Freitag, 25. November 2016

Und wieder mal: Veränderung [Kurzgeschichte]

[für Originalfoto hier klicken]



Und wieder mal: Veränderung 


[Veränderung und das erkennen des Geflechtes, auf der Reise aus der Dunkelheit der Depression ins Licht] 



Gellend zuckten die Schreie der Möwen über den pastellfarben blauen Novemberhimmel. Wolkenbänder zogen kaum merklich treibend in Bahnen dahin, ihrer Bestimmung entgegen. 

"Wo auch immer diese zu finden war..", dachte sie seufzend. 

Veränderung kommt nicht in einem großen Schritt, sondern in tausend kleinen Schritten, verteilt über die Zeit,

überlegte sie. 

Und irgendwann stand man dann da und blickte zurück und sah all die kleinen Veränderungen Step by Step, wie sie sich in einem großen Ganzen zusammenfügten. Und im Nachhinein ergab so vieles einen Sinn, aus der Distanz erklärten sich die vielen kleinen Begebenheiten und Entscheidungen. 

Die Veränderungen ballten sich geradezu zusammen, zu einem Ball der vielen kleinen Schritte, Erlebnisse und Lektionen [genauer: Informationen] des Lebens.

Und so hielt sie dann im Endeffekt jetzt, hier und heute eine Art Arbeitsversion dieses Balles in den seelischen oder geistigen Händen. Er war noch nicht vollkommen rund, dieser Ball, aber man konnte ihm seine Schönheit und sein verdichtetes Wissen schon ansehen. 

Sie hatte nicht gewußt, noch hatte sie geahnt, das diese Schönheit in ihr stecken könnte. Es war etwas Vollkommenes. Es war Wissen in seiner reinsten Form und es war eingebettet in bedingungslose Liebe.

Zu sich selbst und zum großen Ganzen. Sie wußte es nun wieder, sie hatte es vor einigen Monaten erkannt, sie hatte "es" wiedergefunden. Sie war seit diesem Tag wieder bewußt Teil des Geflechtes, das aus reiner Energie und unzähligen Lebensformen und Lebensarten bestand. Und alle waren sie miteinander im Geflecht verbunden.

Ewig in ihrer Unendlichkeit und ihrem Sein und stetig wechselnd in den verschiedenen Aggregatzuständen ihrer Existenz, wie sie es für sich nannte. 

Diese Art Schönheit lag in jedem einzelnen Wesen verborgen, sie ruhte dort, bis es bereit war, diese Verbindung [wieder] zu entdecken und bis man bereit war, sie [erneut] zu empfangen, in einem Akt von sich bewußt werden.

Es war eine Art Geschenk, dieses Bewußtsein. Und es verband alle bewußten Wesen miteinander, alles Sein. Es wurde einem zur Geburt in diese Existenz mitgegeben und dann, ja, was passierte dann eigentlich, überlegte sie.

Irgendwie schien es dann mit der Zeit zu verblassen und langsam in den Hintergrund des Daseins zu rutschen, als ob es in eine Nebelzone des Unterbewußten zurückgestoßen würde, dachte sie. 

Vielleicht wurde es auch zurück ins Grau des diffusen Inneren gesogen. Hm, sie war nicht sicher. 

Wurde es gestoßen oder wurde es gesogen?

Letztlich aber war das nicht wichtig. Es war eine unnötige Bewertung des Geschehens, eines Geschehens, das man unmöglich komplett bewußt erlebt haben konnte und deshalb spielte es keine Rolle, ob dieses Bewußtsein nun gesogen oder gestoßen würde. Das waren "zuviele [unnötige] Details", die sich von ihr sowieso nicht "mit Brief und Siegel" belegen lassen würden, dachte sie zerstreut. 

Aber "es", dieses Bewußtsein um die Verbindung zum großen Ganzen, das kam einem mit der Zeit abhanden, ja, das traf zu, fasste sie für sich zusammen.

Als kleines Kind wußte man es noch, da war die Welt noch voller Zauber und Magie. In jungen Jahren sah man sie noch, die Fabelwesen unterm Bett oder im Schrank in der Ecke. Manifestierte Ängste und eine weite Vorstellungskraft, die eine magische Verbindung ins Geflecht hatte.

Oder man hatte diesen "unsichtbaren Kumpel" zum spielen, der für eine gewisse Phase da war, der einen begleitete und der einen so gut kannte. Und wie, als könnten sie ihn nicht sehen, sahen sie ihn auch wirklich nicht. Aber man selbst wußte genau, das er existierte, man konnte ihn sehen und mit ihm sprechen und mit ihm spielen. Er war eine Art Verbindungsglied zum Geflecht. 

Ähnlich verhielt es sich mit dem Kontakt zu Tieren. Wenn die Verbindung aktiv war, fand der Kontakt auf einer intuitiven Ebene statt, erfüllt von einer Leichtigkeit und einer gewissen Unkompliziertheit im Umgang mit dem Tier. 

Manche nannten diese Menschen, die diesen intuitiven Draht zu Tieren hatten, in Ermangelung umfassenden Verstehens "Tierflüsterer". 

Obwohl der Mensch nur seine menschliche Sprache und ein überschaubares Arsenal an Lauten hatte und Tiere die menschliche Sprache doch eigentlich nicht verstehen konnten, wie allgemein angenommen wurde, gab es eine Verständigung, auf einer anderen Ebene. 

Es war eine tiefe Verbindung ins Tierreich, die sich manchmal ein Leben lang erhielt, wie als ein stiller Beweis für die Existenz einer übergeordneten und direkten Verbindung von Wesen untereinander, die man als junger Mensch noch quasi direkt erleben durfte. 

Und dann irgendwann, irgendwie endete es. Sie war nicht sicher warum es endete. Vielleicht endete es, weil ihre Wahrnehmung sich änderte, vielfach korrigiert und konditioniert von den anderen und besonders von den Erwachsenen. 

Und was die sagten, war klar: Dinge, die man nicht sieht, die gibt es nicht.

Obwohl ihnen inzwischen mithilfe der Wissenschaften schon unzählige Male das Gegenteil bewiesen worden war, war dies immer noch die grundsätzliche Einstellung der meisten Erwachsenen, sagte ihr die gemachte Erfahrung.

Das man zum Beispiel elektrischen Strom oder Gas nicht sehen konnte und beide trotzdem in der ihnen eigenen Struktur existierten, ja, das war halt etwas anderes, hieß es dann, wenn sie auf derlei Ungereimtheiten in ihrer Haltung hinwies. 

Das sind nur die Hirngespinste deiner "überreizten Nerven", das wurde ihr dann oft genug suggeriert. Und doch wußte sie es besser. Es hatte diese Verbindung des großen Ganzen zu ihrem tiefsten Inneren gegeben und sie war real und echt gewesen. 

Aber über die Zeit verblasste diese Verbindung zum Geflecht zu einer Erinnerung und diese wurde mit den Jahren und Jahrzehnten immer unzugänglicher und verschwamm schließlich mit der Zeit zu einer bloßen Frage, ob es diese Verbindung denn je tatsächlich gegeben habe. 

Es gab eine Zeit in ihrem Leben, in der sie sich selbst nicht mehr sicher war und sich sagte, das sie all das wahrscheinlich nur geträumt hatte. 

Knisternd und knackend fiel nun ein eisiger Schneeregen auf die kalten Blätter, die unter der Linde am Boden lagen, während sie sich auf dem Balkon ein kleine Auszeit vom Drinnen gönnte. 

Ein fabelhaftes Geräusch war das! Es entzückte sie in seiner Leichtigkeit und mit dem Geräusch des raschelnden Knacken, das anscheinend die vielfach landenden Eiskristalle auf dem gefrorenen Blätteruntergrund verursachten. 

Sie kam gerne hier hinaus, neuerdings wieder.

Schaudernd erinnerte sie sich an früher, wie es gewesen war, in ihrer dunklen Phase der allumfassenden Depression, in der sie sich vor dem Leben "da Draussen" versteckt hatte und kaum das Sonnenlicht sah.

Eine lange Phase des Getrenntseins, eine Zeit der Abkehr vom Leben und den Lebenden, ein Rückzug vom Draussen. 

Ein Rückzug, der notwendig gewesen war, verursacht durch den inneren Schmerz und durch die innere Leere. 

Verursacht auch von dem scheinbar endlosen Gefühl einer lähmenden Schwere, die sie damals ergriffen hatte und die begleitet wurde von einer unfassbaren Müdigkeit, die die ehedem mühsam struktrurierte Zeit aufweichte, zerbröselte und zu bedeutungslosem Staub zermahlte. 

Sie hatte nicht damit gerechnet, das sie diese Jahre heil überstehen würde. Sie konnte auch nicht damit rechnen, das sie diese Zeit der Kämpfe mit mächtigen inneren Dämonen überleben würde.

Damals war sie über jeden einzelnen Tag "froh", den sie überlebte. Falls sie überhaupt gerade in der Lage war, einzelne Tage im Empfinden klar voneinander zu trennen und zu unterscheiden und sowas wie Freude zu empfinden. Oft war sie nämlich auch garnicht froh zu leben, weil das bedeutete all das noch länger zu er-tragen.  

Manchmal waren es einfach nur zusammengeklumpte Ballen von Zeit, von Tagen, von Wochen oder gar von Monaten, die sich erst durch den Wechsel in eine andere Phase voneinander unterscheiden ließen. Und selbst diese Abstufung zu machen, fiel oft genug schwer oder war gefühlt nicht leistbar.

Oft war sie einfach froh oder sie wunderte sich auch manchmal, das sie es überhaupt schaffte, zu überleben. Denn in manchen Phasen kostete allein das überleben sie eine unfassbar große Menge an Energie und es schien unfassbar schwer zu sein, diesen Zustand auch nur einen Tag länger zu ertragen. 

Das kostete Energie, die sie gefühlt längst nicht mehr hatte und sie ächzte oft unter der Vorstellung, bald einfach zusammenzuklappen, weil sie leergebrannt war.

Schwach, am Ende ihrer Kräfte, am Ende ihrer Zuversicht und am Ende ihres Vertrauens in das Leben und in den vermeintlichen Sinn des Lebens, der damals nur ein inhaltsloser leerer Begriff für sie war. 

Inzwischen war es ihr zu kalt geworden, draussen auf dem Balkon. Die Luft war passend zur Jahreszeit wunderbar frisch und vorwinterlich klar und angehm zu atmen, aber die frierigen Finger waren schon etwas hinderlich beim tippen, dachte sie amüsiert. 

Nun gut, warum nicht, es war inzwischen sowieso dunkel geworden um sie herum, nur der leuchtende Bildschirm ihres Handies leuchtete weißlich in der Dunkelheit und beleuchtete dabei den unteren Teils ihres Gesichtes, während sie emsig in die Tasten haute, um ihre Gedanken niederzuschreiben. Das sah bestimmt creepy aus, dachte sie lachend. 

Es war an der Zeit hineinzugehen, ins Warme und zurück auf die große, zwar alte, aber auch gemütliche Ledercouch im Wohnzimmer. 

Sie war eine von denen, die man aufgegeben hatte, setzte sie dort ihre zuvor begonnenen Überlegungen fort. Man hatte sie irgendwann aufgegeben und zurückgelassen, dort in ihrer kleinen Nische, irgendwo am Rand der Gesellschaft, versteckt im Nirvana der vielzähligen anderen, die wie sie nicht länger funktionierten.

Ihr war das recht gewesen, oft sogar auch lieber gewesen, denn man ließ sie meistens in Ruhe. Man ließ ihr die Ruhe in Ruhe zu sterben, dachte sie. 

Viele hatten sie aufgegeben, sie rechneten längst nicht mehr damit, das ihr Leben wieder in "normale Bahnen" zurückkehren würde oder das sie es überhaupt überleben würde, dieses Leben. 

Immer wieder von schweren Erkrankungen gezeichnet, körperlich wie psychisch, und durchgerüttelt und durchgeschüttelt von den Unwägbarkeiten ihres Lebens, war das über eine lange Zeit eine durchaus plausible Einschätzung ihrer Lage gewesen, die sie durchaus, und zwar in der überwiegenden Zeit, teilte. Ihre Lage war verdammt mies damals. 

Und dennoch hatte sie irgendwie trotzdem nie komplett aufgegeben und immer wieder gekämpft und sich immer wieder gerieben, an offiziellen Stellen wie zum Beispiel Behörden oder Gerichten oder dem Energieversorger, dem Vermieter, der Bank und an ihrem Leben und an sich selbst und an der Vergangenheit, denn sie wollte und konnte nie ganz aufgeben.

In ihren schlimmsten Zeiten hielt sie sich an etwas unverrückbarem fest, an dem Gedanken, das all das einen Sinn haben mußte! [Und sollte!]
Und sie dachte an ihre Kinder, daran das sie gebraucht wurde. 

Sie spürte, das dieses Dunkel und die Qualen, verursacht durch die Vielfachtraumatisierungen und die unzähligen Gewalterfahrungen nicht alles waren, da war noch mehr. Irgendwie wußte sie das. Sie hatte scheinbar doch noch den Hauch einer Ahnung, ihre Intuition war wohl doch nicht tot und sie spürte das da noch eine Kraft war, ein Rest Mü an Kraft, scheinbar reserviert für besondere Notsituationen.

Und so, sann sie nach, hatte es  irgendwann klammheimlich angefangen, sich in ihr zu verändern. Es war als ob sie zunehmend eine Art Bewußtsein für dieses Hamsterrad und seine Aufarbeitung entwickeln würde.

Das ging mit ihrer Entscheidung zusammen, einen neuen Blog zu starten. Sich noch einmal hinzusetzen und ihr Leben via Blog aufzuschreiben und dadurch auch erneut aufzuarbeiten. Und ab da ging es eigentlich nur noch Schritt um Schritt weiter. Manchmal sogar im Laufschritt, so das sie Mühe hatte, ihrer eigenen Entwicklung hinterher zu kommen, dachte sie, sich erinnernd. 

Ja, manchmal war das echt fett! Phasen, in denen neue Erkenntnisse geradezu über sie herfielen, so viele an der Zahl, so viele Einsichten, wo es früher so lange keine Antworten gegeben hatte und nun schienen sie geradezu "vom Himmel zu regnen", dachte sie, amüsiert durch den metaphorischen Begriff, der ihr spontan in den Sinn kam. 

In der einen Phase war sie so gesättigt gewesen mit Input, das sie förmlich den Eindruck hatte überladen zu werden, spräche sie auch nur noch ein einziges Wort.

Gespräche waren ihr zu dieser Zeit ehr ein Graus. Sie wollte nicht sprechen, sie hatte nichts zu sagen, nichts mitzuteilen, sie war bis zum Bersten voll mit Information und Erleben und das wollte erst einmal zu einem intuitiven Wissen verarbeitet und verwoben werden. Es wollte Teil dieses "Balles" werden. In der Stille und in der Ruhe, im Zurückgezogensein, abseits der überaus lebendigen, schnelllebigen und reizintensiven Welt. 

Und zwischen diesen beiden Phasen des Sprechens und des Schweigens, waren noch die Zustände des Chaos, des Nichtlängerwissens, der Neuordnung und der Veränderung der eigenen Sprache hin zu einem bewußten und achtsamen Kontakt mit sich selbst und mit ihrer Umwelt. 

Oho, es war einiges los in dieser Zeit, dachte sie schmunzelnd. Begonnen, wieder neu begonnen, hatte es mit diesem Blog im August letzten Jahres. 

Und nun, etwas mehr als ein Jahr später, war etwas wunderbares eingetreten, mit dem sie schon nicht mehr gerechnet hatte.

Das sie es schaffen würde, endlich ihren Frieden zu machen und abzuschließen mit der Vergangenheit. Etwas anders, als immer gedacht, denn es würde keine dramatische Auf- oder Abrechnung mehr zwischen den Beteiligten geben, aber es würde nun bald enden. 

Sie war im Begriff zurück von der Vergangenheit in das Hier und in das Heute zu wechseln. Denn jetzt, das konnte sie zweifelsfrei sagen, hatte sie wieder ein Heute! 

Vielleicht lag der Schlüssel auch darin, Veränderung annehmen zu können, bereit für sie zu sein oder sich bewußt für Veränderung zu entscheiden, sie aus dem tiefsten Inneren zu wollen und auch wollen zu können, in dem man berücksichtigte ob man über die inneren wie auch äußerlichen Ressourcen verfügte, die man für die Veränderung brauchte, überlegte sie.



Veränderung bedingte Entwicklung und Entwicklung war ein steter Prozess, der jedoch oft nicht im Vordergrund ablief, sondern sehr viel tiefschichtiger, verborgen im Inneren. Manchmal war die Veränderung direkt spürbar. So, wie heute wieder. Sie liebte diese Tage, wenn Dinge sich offensichtlich fügten und zusammenfanden. 

Ich verändere mich, also bin ich, dachte sie grinsend und packte das Handy weg. Es war Zeit, sich auszuruhen. Und morgen war ein neuer Tag. 


- Ende -


Pat - 15.11.2016
          12:14h
          23.11.2016 edit 


Tags: Veränderung, Depression, Rückschau, Kurzgeschichte, Geschichte, IchunddieDepression, Leben, Liebe, Verbindung, Jetzt, Hier, Sie 



Diese Kurzgeschichte gehört zur Text-Reihe:




Zu diesem Text:

Dieser Text wurde in Form einer experimentellen Kurzgeschichte um eine Art Alter Ego von mir geschrieben. Ihr Name ist mir noch nicht bekannt, daher tritt sie schlicht als "sie" in Erscheinung.

Der Text basiert überwiegend auf erlebten und zum Teil auf fiktiven Inhalten und Angaben, um mir dergestalt ein empfundenes Mehr an schriftstellerischen Freiheiten zu ermöglichen. 

Der Text gehört dennoch als eine Art Update zu diesem Text:

"Die Veränderung kommt" vom 21.08.2015 


Sonntag, 15. Mai 2016

Hurra, der Hut ist weg! [Depression]



Hurra, der "Hut" ist weg!


(Aus der Reihe: Die Depression und Ich • Ich und die Depression, Teil 4/Hurra, der Hut ist weg!) 

Noch vor wenigen Monaten litt ich unter dem Gefühl, einen kribbelnden "Dauerhut" auf dem Kopf und partiell im Kopf mir mir herum zu tragen, der das Denken zur Glückssache machte. 

Im Bereich des Vorderhirns und der Schläfen war das Gefühl am intensivsten und die Gedanken verwirrten und verirrten sich in diesen Tagen oft fast wie von Zauberhand, es herrschte Chaos im Hirn und dann war das Durcheinander komplett. 

Ich habe mir ein ums andere Mal die Frage gestellt, warum ich wohl diesen leidigen Hut zu tragen hatte. 

Vielleicht lag es an den Antidepressiva, die ich jahrelang regelmäßig gegen die Depression verschrieben bekommen und genommen hatte. In der Hoffnung (sie ist es, die zuletzt stirbt) und oft voller Zweifel, ob die Pillen mir denn wirklich helfen könnten oder würden, nahm ich sie eine ganze Weile. 

Vielleicht lag es auch an den Schmerzmedis, die ich (ebenfalls, immer mal und oft auch über Jahre) von Ärzten verschrieben bekam und die ich gegen den chronischen Schmerz einnahm, das ich diesen kribbelnden Hut aufhatte? Hm. 

Auch das war eine Möglichkeit, die ich in Betracht ziehen musste. Eine weitere, dritte Möglichkeit, war meine These, das ich vielleicht einfach schon zuviele schlimme Erlebnisse in meinem Leben hinter mir hatte und das doch sicher kein Mensch all dieses Leiden völlig unbeschadet überstehen könne. Und das ich wohl deshalb 'diese Probleme' hätte. 

Nun gut, okay..  besonders unlogisch klang diese letzte Betrachtungsweise für mich nun auch nicht. Ein weiterer Grund also, sie möglicherweise als zutreffend in Betracht zu ziehen. 

Dieser "Hut" störte mich sehr, weil er mich enorm einschränkte. Denken war damit Glückssache, es gab oft Momente, in der die Konzentration so sehr nachließ, das ich -eben noch etwas gelesen oder gedacht- es wenige Sekunden später bereits wieder vergessen hatte. 

Inzwischen hatte ich vielleicht sogar schon wieder mehrfach nachgesehen, wie das Wort oder der Satz oder die Zahl lauteten, das, der oder die mir gerade nicht wieder einfallen wollte. Und dann (Sie ahnen es sicher..), war das Wissen in 2-3 Sekunden schon wieder im Nirvana des Begrifflichen verschwunden und somit hatte sich wieder mal eine Information in Rauch aufgelöst. Großartig! Nicht. 

Eine normale Kommunikation war so kaum noch (eventuell mit viel Mühe, aber oft auch garnicht) möglich. An Diskussionen konnte ich mich erst recht kaum noch beteiligen, weil mein Ansinnen mit dieser Form der "Verwirrtheit" geradezu unmöglich durchzuführen zu sein schien und auch das Schreiben gestaltete sich mit diesem Hindernis schwer und schwerer, immer wieder ging der rote Faden verloren; ich eierte, hing in Schleifen fest und konnte dann nicht mehr logisch und/oder schlüssig formulieren. Und die oft erlebte und freudig empfundene Eloquenz beim Schreiben, oder wenn ein Text sich danach beim lesen einfach nur toll und 'rund' anfühlte.. sie war fast gänzlich abhanden gekommen und 'zum Teufel', wie man umgangssprachlich so sagt. 

Die Texte gerieten zu Gehirnbrei, die ich niemanden mehr zumuten wollte und konnte. Und auch das Schreiben an sich war eine Qual. Die Texte klangen oft hart, abgehackt und/oder sperrig und oft verlor ich mich in den Denkschleifen, was meine Texte dann entsprechend widerspiegelten. Die daraus resultierende gefühlte 'Sprachlosigkeit' war angsteinflößend und erschreckend. 

Wenn einem das Schreiben innerer Antrieb ist und einem normalerweise dabei hilft den Dingen auf die Spur zu kommen, weil man dergestalt seine Gedanken niederlegen, sortieren, analysieren und reflektieren kann, so ist dieser Brei im Hirn eine denkbar ungünstige Situation für einen. Der eigenen Außenstimme beraubt, gerät man mehr und mehr ins Schweigen. 

Rückblickend war es vielleicht (neben dem Umstand, dass ich inzwischen nur noch sehr sparsam und auch nur noch sporadisch Medikamente nehme) genau dieses Schweigen und die Begegnung mit einem besonderen Menschen, der mein Denken, beziehungsweise meinen mit den Jahren starr gewordenen und engen Fokus, mit seinen weisen Worten und seiner offenen Art behutsam zu weiten half; was dann dazu führte, dass nun dieser Hut (von mir unerwartet) nach Jahren des Tragens, endlich wieder verschwand und ich dies gerade erstaunt und sehr glücklich feststellten durfte. 

Rückblickend weiß ich nur eine (logische) Erklärung dafür: 

Es war der 'böse Stress', der altbekannte Jeck, der mir diesen Hut aufsetzte. (Also gewissermaßen ich selbst.) Schwerer, psychisch erlebter (und dadurch auch physisch erlebter) Stress, der zuletzt zu hohem Blutdruck und anderen unschönen 'Dingen' führte. Ich war damals voller (oft auch schlimmer) Gedanken und sie wirbelten nur so durch meinen Kopf und so war der innere Leidensdruck entsprechend hoch.

Mein Kopf war oft ein einziges und manchmal sehr lautes Chaos. Wie hatte ich das nur so lange aushalten können, frage ich mich unwillkürlich, während ich diese Sätze niederschreibe und daran denke, das ich diesen Hut jahrelang trug, mal selten und unauffällig, dann wieder lange Zeit sehr oft und sehr intensiv. Allgemein betrachtet war der Hut in dieser Zeit immer im Hintergrund der eigenen Wahrnehmung spürbar. 

Als ich dann achtsam(er) mit mir und meiner Umwelt wurde und begann öfter mal zu schweigen und nicht mehr zu allem und jedem eine Meinung zu haben (oder gefühlt haben zu 'müssen'), und mich auch nicht länger mit anderen Menschen verglich und beschloss, im Gegenzug auch auf Bewertungen zu und über meine Person (und allgemein bei Menschen auf Bewertung) zu verzichten, legte sich der Druck und die Stille und ein Gefühl von Ruhe und Gelassenheit entstanden langsam wieder in mir. Seitdem ist der Hut weg und das Denken und Schreiben macht wieder Freude und entwickelt sich zu meiner Zufriedenheit. 

Ich bin sehr dankbar dafür, das ich nun weiß, das man 'alte Hüte' tatsächlich auch wieder loswerden kann, auch wenn es lange nicht so scheint. 

Aber was ist schon immer so, wie es scheint? 


- Ende -


Pat - 24.03.2016, 04:15h 


Zu diesem Text: 

Er entstand im im direkten Anschluß nach Veröffentlichung dieses Textes: Mrs.Levia [Blog]: Das Hamsterrad 

(Aus der Reihe: Ich und die Depression • Die Depression und Ich - Teil 3/Hamsterrad) 


und wurde am 15.05.2016 veröffentlicht. 

Tags: Depression, IchunddieDepression, Stress, Rückschau, Freude, Dankbarkeit, nachgereicht 

Sonntag, 24. April 2016

Die Körperstimme, innere Signale, Bullshitbingo und Licht (Nachschau)




Die Körperstimme, innere Signale, Bullshitbingo & Licht 

(Seelenheil, Nachschau und partielle Rückschau auf die letzten 10 Jahre) 

 

Angetriggert durch den Krankenhausaufenthalt darf ich nun, so scheint es, über einige Dinge sprechen. So tue ich dieses dann in diesem Eintrag und harre der Dinge die sich daraus entwickeln. 

Allmählich fügen sich in dieser Nachschau meines letzten Krankenhausaufenthaltes im April 2016  viele kleine Puzzleteile zu einem Ganzen zusammen.  

Ich erinnere meine Schwierigkeiten mit Wassereinlagerungen in den unteren Extremitäten, die in etwa zu der Zeit erstmals auftauchten, als ich 2006 im Krankenhaus in Rissen lag, wo dann eine Fettleber bei mir diagnostiziert wurde.

2008 hatte sich die Fettleber dann zu einer Leberzirrhose ausgewachsen (damals war ich mental noch nahezu handlungsunfähig in bestimmten Dingen) und damals ging es mir auch in punkto Wassereinlagerung in den Beinen (sie waren damals besonders stark und bis unter die Knie hoch geschwollen) sehr schlecht. 

Vermutlich fand also 2008 eine Art 'kombiniertes Körperversagen' statt, ausgelöst durch meine damalig noch (einst durch (Kindheits-)Traumata entstandene) "gesundheitsabträgliche Lebensweise", mit der ich - ab der Leberzirrhosendiagnose im Februar 2008 -  endgültig brach und mein Leben somit in einem zweiten Schritt nach 1996 umfassend, nachhaltig und klar zum Besseren änderte. Danach verschwand auch das Problem der Wassereinlagerungen - höchst überraschend, aber sehr willkommen - plötzlich wieder.

In einem Entlassungsbrief aus dem Krankenhaus (von Ende 2008, Aufenthalt wg. Lungenentzündung, Gastritis und Speiseröhrenvarizen) fand ich nun einen Hinweis darauf, das meine Nieren damals schon auffällig gewesen wären und Zeichen einer chronischen Nephropathie zeigten. 
Seltsam, ich kann mich an kein Gespräch mit einem Arzt darüber erinnern. Weder 2008 noch irgendwann später.  

Warum diese Information (anscheinend) nicht in meinem Bewußtsein landete, mag daran liegen, das mein Fokus damals (irrtümlich?) auf der Leber lag und ich damals allgemein einen "Arsch voller Probleme" hatte. Immer noch oder schon wieder, beides nimmt sich gegenseitig nicht viel weg.
Und den Arztbrief, hatte ich den vielleicht nicht beim Hausarzt abgegeben? Ich halte das, in Erinnerung an diese (meine) damalig wieder mal schweren Zeiten, durchaus für denkbar. Zumal meine ärztliche Lage damals schwierig war, weil mein bisheriger Hausarzt Anfang 2008 seine Pforten schloß und seine hiesige Praxis aufgab. Einen 'richtigen' neuen Arzt hatte ich dann leider erstmal nicht, viele Monate lang. Nur einen Vertretungs-/Übergangsarzt der für Papierkram zuständig war. So bestand damals keine rechte Anbindung. (Der letzte Satz erinnert mich etwas an die gefühlte Situation mit meinem jetzigen Hausarzt (den ich seitdem mehr oder weniger habe) die ich erstmals kürzlich im Blogpost "Im Krankenhaus - Tag 6 (Schweigen•Sprechen) offen thematisierte. *lacht*)

2011 wurde während meines freiwilligen Aufenthaltes in der Psychiatrie zur Kontrolle ein Ultraschall an der Leber durchgeführt, der zu erstaunlichen Ergebnissen führte. Die Leber hatte sich so gut erholt, das man ihr nahezu nichts ansah und die Ärzte deshalb in der Mehrzahl (auch gerade wieder, 2016) zu dem Schluß kamen, das ich keine Leberzirrhose gehabt hätte, das es also eine Fehldiagnose gewesen sei. 

Ich denke anders darüber. Ich weiß, das ich damals sehr sehr krank war, das es knapp war, denn ich litt damals auch unter einem starken (1,8 Liter) Blutverlust über die Speiseröhrenvarizen und ich weiß, das es Gründe/Ursachen hatte, das ich erkrankte. So wie ich inzwischen (wieder) weiß, das insgesamt alles einen Grund und Sinn hat. Ja, sogar wenn man so entsetzlich viel leidet.. auch das hat am Ende einen (verborgenen) Sinn, wirft es einen doch erst in die Feuerschmiede des Lebens, um einen dann daran verbrennen oder wachsen zu lassen. 

Ich weiß auch, das ich damals nachhaltig aus der Situation gelernt und die "schlimmen Störfaktoren und Auslöser" der Leberprobleme abgestellt und beseitigt habe. Danach ging es stetig bergauf mit der Leber und (gefühlt) auch mir. Ich bin davon überzeugt das ingesamt Selbstheilungskräfte dafür verantwortlich zu machen sind, das die Leber nun unauffällig ist. 

2008 fielen die Nieren also erstmals nach 1986 wieder auf (lt. Arztbrief). 

- drei Jahre "(Erinnerungs)Lücke", aber gefühlt stetige gesundheitliche Verbesserung - 

2011 wurde hoher Blutdruck festgestellt und ich erhielt (für eine Weile) Blutdruckmedikamente. Mein Eindruck war damals, das der Blutdruck durch das seelische Leiden kam. Habe ich mich getäuscht?

Circa 2013 lud ich mir eine Trinkapp auf's Handy, weil mir urplötzlich auffiel/bewußt wurde, das ich zu wenig und zu unregelmäßig trank. Ich benutze sie mit Erfolg und etablierte also ein verbessertes Trinkverhalten.

2013 entzog ich (aus einem plötzlichen inneren Antrieb heraus) geplant und kontrolliert von meinem (seit 2010 wegen den Schmerzen in den Beinen) verordneten Schmerzmittel und beschloß es nur noch in Ausnahmefällen bei sehr starken Schmerzattacken zu konsumieren. Ich bin im Nachhinein sicher das meine Nieren es mir dankten und dadurch länger durchhielten. 

2014 raffte ich mich von einem Tag auf den anderen zum zweiten Mal auf, meiner schlechten Ernährung und dem Übergewicht (resultierend aus der Bewegungsarmut eines jahrelangen, nahezu Komplettrückzug aus dem Draußen/psychischem Rückzug) etwas entgegen zu setzen. 

Bei meinem ersten Versuch 2013 hielt ich nur ein halbes Jahr beim Kalorien zählen durch, vermutlich weil ich viel zu restriktiv mit mir selbst in der Wahl meiner Mittel und im Verständnis von gesundem/gewichtsreduzierendem Essen war. 

Daher dann der Neustart im zweiten Versuch, im August 2014, währenddessen ich innerhalb eines Jahres 20 Kg Gewicht reduzierte und mich ab nun wieder gesund (natürlich und ausgewogen) ernährte - und - (wichtiger Faktor) wieder begann mich regelmäßig zu bewegen. (Fiel ziemlich schwer am Anfang, psychisch wie physisch.) 

So besorgte ich mir dann damals beispielsweise ein Sportarmband, um mir darüber ein Gefühl/Verständnis für Entfernungen und Maß an Bewegungsaktivität zu erarbeiten und meine Motivation zu pushen. 

(Japp, ich arbeite - wennschon - mit allen Tricks! *grinst*) 

Auch in diesem Punkt war ich meines Erachtens recht erfolgreich, wenngleich mein jetziges Bewegungsniveau ehr niedrig bis mittig einzuordnen ist, dafür aber (auch angesichts der körperlichen Einschränkung) im statistischen Mittelwert annehmbar ist. Das Armband brauche ich nun schon lange nicht mehr, aber es war mir eine gute Krücke, um an diesen Punkt zu kommen.

Ende 2014 führte ich ein (verstörendes) langes Gespräch mit einem an drei verschiedenen Krebsarten Sterbenden, der einen ähnlich "ungesunden" Lebenswandel, wie ich früher, geführt hatte. Auch er wurde durch Gewalterfahrungen in der Kindheit (brutale Schläge durch und von seinem Vater) traumatisiert und zerstörte dann sich selbst. 

Nach diesem Gespräch stand ich unter Schock, für Monate. Weil mir in diesem und durch dieses Gespräch klar wurde, wo es mit mir hätte enden können und noch enden könnte (Altlasten). Dieses Gespräch war schwer zu ertragen und zu verdauen und es dauerte bald 1-1,5 Jahre bis ich mich einigermaßen damit arrangieren und die möglichen Parallelen zu meinem Leben aushalten konnte. 

Aber, dieses Erlebnis weitete meinen Blickwinkel auch endlich wieder. Erstmals nach dem Verschwinden der Leberzirrhose (und nach dem subjektiven Eindruck "nochmal davongekommen zu sein" und das dies auf ewig so bliebe, als sei ich durch diese positive Entwicklung unantastbar für weitere mgl. Probleme aus dieser Richtung) ließ ich überhaupt wieder die gedankliche Möglichkeit zu, das es vielleicht nochmal häßlich werden könnte für mich. Eine harte Arbeit an unbewußt verdrängten Dingen und ein wertvolles Gespräch (Auslöser). Im Februar 2015 starb mein Nachbar, auch er hatte Krebs. Das war nicht einfach wegzustecken für mich (ich mochte ihn) und gefühlt kamen die "Einschläge" nun näher.

2015 gelang es mir, angeleiert durch den freiwilligen Psychiatrieaufenthalt 2011, durch Vergangenheitsbewältigung auf eine (weitere) höhere Ebene des stressfreieren Lebens zu kommen (vor allem durch Gespräche und dieses Blog) und gegen meine Depression aufzubegehren, beziehungsweise zu lernen, mit ihr leben zu lernen und nach langer Zeit des verweilens im Reich der Schatten wieder mit Zuversicht in die Welt zu sehen. (Ein Meilenstein!) 

Außerdem verspürte ich urplötzlich (immer mal wieder ab 2009) "aus dem Nichts" den Drang meinen Tabakkonsum zu reduzieren und es gelang dann 2014 ihn nahezu um die Hälfte zu vorher abzusenken. Vorher immer mal versucht, jedesmal gescheitert, nun gelang es plötzlich. 

Kurz drauf war mein Kaffeekonsum dran, ich reduzierte circa um zwei Drittel (von bis zu 10-12 Bechern täglich auf dann 3-4 Becher). Da der Fokus nun sowieso seit 2014 auf gesunder Ernährung lag, flutschte das einfach so mit. Anstandslos. Vorher lange Zeit unvorstellbar. Und eine blutdruckfreundliche Entscheidung. Parallel trennte ich mich (dem Blutdruck zuliebe) von meinem geliebten Strategiegame und den mir dort lieb gewonnenen Menschen. (hoher Blutdruck führt oft zum Nierenschaden) 

Im Sommer und Herbst 2015 stellte ich mich erneut der Dunkelheit, den Schatten und Dämonen der Vergangenheit, meiner Depression und dem Licht. Und scheine auch hier zu obsiegen. Bis heute. ;-) Auch dank positiver und wertvoller Unterstützung. 

2016 begann mit meinen guten Wünschen & Gedanken zum Jahreswechsel 2015/2016 (*geboren* aus einer spontanen Inspiration auf Twitter und niedergeschrieben an einem Schlüsseltag wie dem 31.12.2015) und weiterhin wertvoller Unterstützung. Ich scheine zu "erwachen" (externer Link)

Und zuletzt: Seit Monaten (circa Sommer letztem Jahr) habe ich die (absurde) intuitive "Gewißheit", das ich Gift im Körper habe, das Gift durch meine Adern rinnt. Ich konnte diese Information jedoch nicht angemessen zuordnen, dachte ehr an Krebs oder sowas, aber dafür gab es ja keine äußerlichen Anzeichen. Nein, klar, es waren ja auch die Nieren. Das Signal war ja klar: "Du vergiftest, du hast Gift in dir." Logisch, bei einem chronischen Nierenversagen steigt halt der Giftpegel im Körper, da es die Nieren sind, die Giftstoffe über den Urin aus unserem Körper ausscheiden.   

Mein Unterbewußtsein sendete seit Monaten deutlich spürbare Impulse a la "Du stirbst" in mein Bewußtsein. Ich traute mich erstmal nicht oder nur verdeckt via meditatives Schreiben darüber zu sprechen und hielt mich lange für latent ver-rückt. 

Hier im Blog darüber zu schreiben gelang beispielsweise erst kürzlich, vor wenigen Tagen im Blogpost "Im Krankenhaus - Tag 3 (Der Buddha)"

Mitte April 2016 fuhr ich dann aufgrund starker Schmerzen und daraus resultierender Angst und Sorge ins Krankenhaus und überwand damit meine bisher nahezu unüberwindbare Angst vor diesem Thema/dem Krankenhaus/dem Draußen. 

Erstmals seit Jahren war ich dazu fähig, derart zu handeln. Im Krankenhaus wurde dann chronisches Nierenversagen (G3bA3) und Bluthochdruck diagnostiziert. Zu den Schmerzen die ich in der Leiste empfand und die mich ins Krankenhaus vorantrieben hatten fand sich jedoch keine schlüssige Erklärung. Bis jetzt. 

Meine Nieren (bzw. ein Signalgeber in meinem Körper) haben mir all die Jahre Botschaften gesendet: 

  • • Stress/Belastungen reduzieren/entfernen (psychisch & physisch) 
  • • genug trinken (1,5-2 Liter tgl) 
  • • nierenschädigende Medikamente abzusetzen (Schmerzmedikamente) 
  • • gesunde Ernährung anstreben
  • • Gewichtsreduktion anstreben 
  • • regelmäßige Bewegung anstreben 
  • • nur selten Alkohol zu konsumieren   

  • und zuletzt sendete er diese: 

  • • bei Schmerzen zum Arzt/ins Krankenhaus zu gehen (-> Bluthochdruck klären/Nierendiagnostik erfahren) 

Diese Liste ist, vergleichsweise ähnlich, so im Netz zu finden, wenn man nach "nierenfreundlichem Verhalten" oder "vorbeugen" googelt. 

Wer sich näher für die Materie Nierenversagen interessiert: 
unter folgendem Link fand ich einen ausführlichen und informativen Überblick zu chronischem Nierenversagen. *externer Link*



Ich bin gerade ziemlich baff, während ich das Geschriebene korrekturlese. Echt. Aber ich freue mich auch. All das zeigt mir, das mein Inneres mir zuverlässige Info's sendet und über eine gute Sendestation verfügt. Weiterhin und immer noch. Allein der Empfänger könnte besser funktionieren. *grinst verlegen* 

Ich muss also im Endeffekt nur weiter auf meine innere Stimme (Intuition) hören und sie künftig ein bischen besser und schneller verstehen lernen. Vielleicht muss
(sollte oder könnte) ich ihr auch nur ein wenig mehr VERTRAUEN?! 

Offensichtlich weiß diese innere Stimme (Intuition) recht genau, was mir nicht gut tut und was dann zu tun ist, damit es wieder besser wird. 

Wenn das mal nicht am Ende doch eine verdammt geile Erkenntnis ist. Juhu! 

Was auch toll ist:
Endlich "darf" (kann) ich über Dinge sprechen, die ich noch vor Wochen oder Monaten so nicht über die Lippen bekommen hätte, weil das Innere zu klein und zu ängstlich war. 

  

 

Das ist ein (weiteres) mutmachendes Erlebnis, 

eines das meinen inneren Leitsatz bestätigt: 



"Ein Jedes hat seine eigene und ihm vorherbestimmte Zeit!"


Dies zu erkennen, dahin führt die Achtsamkeit.
Darauf zu vertrauen, dabei hilft die Gelassenheit.
Und all das am Ende zu verstehen,
dabei hilft das göttliche in uns,
Liebe, Zuversicht und Licht.


- Ende - 


Pat - 22.04.2016, 23:35h 
          (ergänzt 23., 24. und 25.04.2016)


Tags: imKrankenhaus, Nieren, Signale, HSP, Wahrnehmung, Erkenntnis, Bullshitbingo, Vertrauen, Frieden, Licht, Diagnose, Nachschau, Rückschau 

Samstag, 27. Februar 2016

Irgendwann [Depression]




Irgendwann

(Aus der Reihe: Ich und die Depression • Die Depression und ich - Teil 1/Irgendwann) 


Irgendwann ist man einfach an diesem einen Punkt. Irgendwann kann man einfach nicht mehr. Irgendwann hat man keine Kraft mehr, das eigene "Anderssein" weiter vor der Leistungsgesellschaft zu verstecken. Irgendwann will man sich vielleicht auch nicht mehr verstecken. Vielleicht ahnt man zu dieser Zeit schon seit Jahren, das man nicht mehr mithalten kann. Lauter kleine und größere Begebenheiten, Erlebnisse und Probleme führen es einem immer deutlicher vor Augen. Man ist am Ende seiner Kräfte. Man funktioniert nicht mehr. 

Es fällt einem immer schwerer die innere Angeschlagenheit und das Verwundetsein  zu verbergen. Man will nur noch seine Ruhe haben. Man braucht diese Ruhe. Dringend. Und so nimmt man sich immer mehr Auszeiten. Zieht sich zurück. Verschwindet zum Beispiel tage-, wochen- oder monatelang aus den sozialen Netzen, geht nicht mehr ans Telefon, ignoriert Whapp, stellt vielleicht auch die Türklingel aus. Man isoliert sich. 

Im Prinzip spricht nichts dagegen sich nach innen zurückzuziehen, doch meistens tut man es als depressiver Mensch verschämt und heimlich. Und da liegt ein großer Hund begraben. Denn Angehörige, Freunde, Arbeitgeber oder Behörden.. sie alle verstehen nicht wirklich was da vorgeht, warum man sich so verändert oder warum man abtaucht. Manche/r hat dir vielleicht auch schon nen blöden Spruch gedrückt. Sagte, das man ja nur faul sei und gefälligst seinen Hintern hochbekommen solle. Man solle sich doch bitte einfach nur mal etwas mehr anstrengen und nicht so "gehen lassen". Oder: "Geh doch mal raus! Das hilft!" Klar! Logo. Man geht vielleicht gerade seit Monaten nur noch raus weil man mal wieder was zu essen braucht und kommt auch sonst  tendenziell ehr nicht klar. Mit gar nichts. Nicht mit dem Briefkasten, noch mit der eigenen Hygiene, anderen Menschen oder überhaupt irgendwas, was mehr wäre, als sein Leben zu ertragen und irgendwie weiter zu leben.. Und dann kommt so ein kluger Spruch. Wie hilfreich. Nicht! "Stell dich nicht so an, XY geht es viel schlechter als dir!" ist auch so ein hilfloser Spruch, der null bringt. Außer, dass der diesen Satz Aussprechende sich nun vielleicht etwas besser fühlt. Weil er damit immerhin überhaupt etwas zu deiner Situation gesagt hat.   

Sowas will man nicht hören, es hilft nicht das zu hören, so ein Spruch wie "Geh doch (einfach) mal raus!" lässt obendrein die eigenen inneren Grenzen noch deutlicher aufleuchten, man fühlt sich wie ein totaler Versager. Was für den anderen so einfach scheint, schafft man eben gerade nicht (mehr). Und schon erst recht nicht einfach so. 

Auch den Freunden gegenüber, bei denen man sich seit Ewigkeiten nicht gemeldet hat und lange mehr keinen "offiziellen Anlass" wie Geburtstage oder ähnliche Ereignisse gewürdigt hat, fühlt man sich schlecht und wie ein Versager. Im sozialen Netz oder im Game tauchen vielleicht schon Fragen auf, warum man sich denn nicht meldet. Man liest das und man könnte sich melden, einfach auftauchen und antworten. Oder?

Aber hey, nein, das kann man vielleicht eben gerade nicht, einfach weil man mit dem überleben an sich beschäftigt ist, in tiefer Depression (seelischem Tiefdruck) steckt. Und so wird man mit der Zeit immer schweigsamer und die Grenze zu den Menschen da draußen wird immer höher und man überlegt, wie man sein Verhalten erklären könnte. Doch, wie erklärt man etwas, was man doch selbst nicht so recht begreift? Und wie spricht man eigentlich über Dinge, für die man sich (aus Angst vor Bewertung/Abwertung und durch Konditionierung) schämt?  

Als es mich vor etlichen Jahren so richtig runter riss, wurde ich mit der Zeit immer stummer. In den ersten Jahren erfand ich noch Erklärungen, warum ich mich nicht gemeldet hatte. Ich sei so beschäftigt gewesen, wenig Zeit halt. Das täte mir leid und ich würde mich bestimmt melden! Oder ich erzählte, das ich ziemlich krank gewesen sei und deshalb nicht schreiben/antworten/anrufen/vorbeikommen konnte. Man sieht oder hört sich sagen/schreiben, man hätte eine fiese/sich festsetzende Erkältung/Grippe/Magen-Darm/Migräne oder was-auch-immer-Krankheit gehabt und konnte deshalb leider nicht.. blablabla.. undsoweiter. Banale Alltagskrankheiten eignen sich immer gut als Erklärung oder Ausrede, weil jeder sie aus Erfahrung kennt und daher versteht, das es einem grad nicht gut geht/ging.

Eine Weile hält man das so durch, immer wieder eine Ausrede zu präsentieren und es ist erstaunlich wie leicht einem diese Ausreden auch immer wieder abgekauft werden. Obwohl dem Umfeld inzwischen eigentlich aufgefallen sein müsste, das irgendwas nicht mit einem stimmt. Doch es gibt meist unterschwellige und individuelle Gründe auf beiden Seiten, das trotzdem nicht offen zu thematisieren und darüber nicht zu kommunizieren.

Auf meiner Seite stand die Scham "versagt" zu haben, nicht (mehr) zu funktionieren, nicht wirklich erklären zu können, warum man nicht (mehr) funktionierte und das Gegenüber wußte vielleicht auch nicht so recht, ob's hätte nachfragen sollen. Hatte vielleicht Angst vor der Antwort auf die Frage was denn los ist. Wußte nicht wie es mit der Antwort umgehen soll, verstand das alles auch irgendwie sowie nicht so wirklich, war selbst müde, hatte (gefühlt oder real) keine Zeit und so weiter. 

So findet dann quasi eine Art taktisches Belauern zwischen dem eigenen Ich und der Umwelt statt. Das große Schweigen und Ignorieren. 

Wer sich zuerst bewegt, hat verloren. Natürlich gibt es auch rühmliche Ausnahmen, die schon früh begriffen haben, das da bei dir mächtig was schief läuft und die versuchen mit dir in Kontakt zu kommen. Über ihre Worte freust du dich, sie wärmen dein Herz. 

Irgendwann kommt man an den Punkt an dem man keine Ausreden mehr hat. Oder/und keine mehr haben will. Weil man es tief innen drin nicht mehr aushält zu lügen, Menschen zu täuschen und in die Irre zu führen. Weil man es nicht mehr erträgt wesentliche Dinge ungesagt zu lassen. Weil man sich und seine Probleme nicht mehr verstecken will. Und es vielleicht auch einfach nicht mehr kann. All die Ausreden und kleinen oder vielleicht sogar größeren Lügen haben Kraft gekostet. Sie aufrecht zu erhalten würde auch weiterhin Kraft kosten. Kraft, die man gefühlt nicht (mehr) hat. Man wird es langsam müde, dieses Karussell. 

In mir wuchs mit der Zeit der Wunsch nach mehr Ehrlichkeit im Umgang mit meinem Umfeld und auch mit mir selbst. Ich war all das satt, all die Lügen und Verschleierungsversuche hatte ich satt. Bis oben hin. Ich wollte auch nie mehr aus Höflichkeit die Antwort geben, das es mir gut geht, wenn das nicht den Tatsachen entsprach. Irgendwann nervt dieser "gordische Knoten" einen einfach und man kann ihn vielleicht nicht mit einem Hieb zerschlagen, wohl aber ihn lösen, entwirren, Faden für Faden.

Also beschloss ich irgendwann die Katze beim Schwanz zu packen, wie man so sagt, und schwor mir aufrichtig und offener zu werden. Mein erstes Outing (vor ca. 8 Jahren) als Depressive war sehr zaghaft und leise. Und es dauerte noch ziemlich lange bis ich überall zugab, das ich schwer depressiv bin. Zuletzt tat ich es offen auf Twitter. Das war erst im letzten Herbst. Bis dahin hatte ich es in der Öffentlichkeit immer noch geheim gehalten. 

Und zu manch anderem was mir in den 52 Jahren passiert ist, kann ich bis heute noch nicht stehen... 

Aber hey, irgendwann ist man an diesem einem Punkt, an dem man... siehe oben. ;-) 

So, genug jetzt. Ausfabuliert. Für heute jedenfalls. ;) Und bevor ich es mir noch wieder anders überlege tippe ich jetzt mal lieber auf veröffentlichen. 

Gute Nacht! ;)


Pat - 27.02.2016, 01:43h

---

(minimal) editiert & ergänzt: 27.02.16, 14:48h

Tags: Depression, Gedanken, Rückschau, Reflektion, IchunddieDepression