Das Hamsterrad
Das Hamsterrad kennt sicher jeder von uns. Im allgemeinen wird darunter verstanden, das man in seinem Trott fest steckt.
Beispielsweise in einer ungeliebten Arbeit, die man des Broterwerbs halber auf sich nimmt oder in einer unglücklichen Beziehung, die doch aber mal so hoffnungsfroh begann und die man nun, da die Hoffnungen zerbrachen, nicht beenden kann. Weil man es nicht übers Herz bringt (sagt man sich selbst) und weil man (noch) nicht loslassen kann (eine oft unterschätzte Spielart). So steckt man, erstmal ohne Lösung, im Trott.
Nun, diesen gibt es auch in der Depression und er unterscheidet sich wenig von den eben genannten Beispielen. Ich möchte versuchen, hier zu schildern, wie es sein und aussehen kann, wenn man als Mensch mit Depressionen im Trott fest steckt, im Hamsterrad. Welcome to the show, haha.
Es bedeutet, stetig Achterbahn zu fahren. Mal geht es dir so.. irgendwas, irgendwie.. und dann geht's wieder, hui, ab geht die wilde Fahrt, abwärts, in den Keller der Emotionen und du quälst dich mit (wahrscheinlich oft gestellten) Fragen. Überlegst in die eine und dann in die andere Richtung, wendest und drehst es von allen x Seiten, um festzustellen, das du (nein, immer noch nicht!) keine Lösung weißt, keine Lösung hast. Verzweiflung und ein Gefühl ewigen bratens im Fegefeuer kommt in dir auf. Und von hier an ist es auch nicht mehr weit zu Sinn-losen und Sinn-freien Gedanken über deine Person und Persönlichkeit.
Unreflektiert übernimmt du negative Äußerungen, die andere, Nicht-Depressive, mal irgendwo über Depressive und/oder Menschen mit deiner Geschichte machten. Diese Bemerkungen ätzen sich allmählich bei jedem Hören immer weiter in deine Seele, (oft merkst du es nicht) um dann im 'geeigneten' Moment hervorzubrechen, um dir zu zeigen 'was du für eine/r' bist. Irgendwann hörst du diese Bemerkungen, manifestiert als dauernörgelnde Stimme des Fertigmachens. (Ein Beispiel dafür, was so eine Stimme mit einem machen und anrichten kann, findest du bei Interesse im Blogpost über
Die Stimme)
Mit etwas 'Übung' (Achtung, Sarkasmus!) wird das zum Automatismus und du hälst dich selbst in diesem Moment (und sonst eigentlich auch fast immer, allein schon weil du depressiv bist und nicht funktionierst, haha) für den nutzlosesten und schlechtesten Menschen. "Ja, der ganzen Welt! Verdammt nochmal! Isso!", möchte man gar (selbst) behaupten, in diesem Moment.
Und dann sitzt du da, wo du immer sitzt, und stöhnst verzweifelt auf. Du willst dieses verfluchte Hamsterrad nicht mehr! Und die bittere Wahrheit ist: du kannst dieses Hamsterrad auch nicht mehr er-tragen! Du erträgst die scheinbare Alternativlosigkeit und Ausweglosigkeit deiner Situation nicht mehr und es presst dir vor Druck die Lungen zusammen, das dir das Atmen schwer fällt und du ganz zusammengesackt und entkräftet dahockst. Allein mit dir und deinen Gedanken.
Willkommen in der Hölle, willkommen im Fegefeuer, willkommen im Hamsterrad!
Da hat es sich wieder manifestiert, das schwarze Loch. Und es droht dich zu verschlucken,
du spürst den Sog. Du wirst immer kleiner und siehst dich schon im Dunkel verschwinden. Irgendein Hund bellt draußen. Du hörst es kaum. Und wenn schon. Es ist doch auch egal. Scheiß auf den Hund, scheiß auf alles, ist doch eh alles (.. hier bitte eigene "Klage-, Jammer- und Beschwerdethemen" einsetzen ..) ... , ... und ... ! (Du hast in diesem Moment (wieder) eine fette Rechnung mit (dir) und der Welt offen. Und leider keine Lösung.)
Scheiß auf alle Hunde dieser Welt (irgendwie frisst du dich dann doch ein bisschen an diesem akustischen Reiz fest), Scheiß auf 'die', Scheiß auf mich, Scheiß auf verdammt nochmal einfach alles!
*Bämm* Zack ist die Tür zu. Du hast nun den Kanal völlig voll, dir reichts. Ist sowieso alles Mist und machen kann man ja jetzt auch nichts daran und überhaupt, weißt du auch nicht mehr was überhaupt du tun kannst oder solltest (hast doch gefühlt auch schon 'alles' versucht, oder?)
Willkommen im Hamsterrad! Willkommen auf der dunklen Seite der Macht!
Mechanisch tragen dich die Beine in die Küche, der Griff zum Kaffee wird nun obligatorisch. Gegessen hast du auch schon wieder seit xx Stunden nichts, es wird höchste Zeit. Mit dem bischen der verbliebenen Kraft siehst du mit brennenden Augen und schmerzendem Schädel in den Kühlschrank und planst deine nächste Überlebensration. Mechanisch und desinteressiert, aber wenigstens hast du inzwischen gelernt, das der Körper ernährt werden muss, solange du noch keine Lösung hast.
Danach wirst du zurückgehen, auf deinen Platz, dahin wo du immer sitzt (nein, vielleicht gehst du vorher lieber noch kontrollieren ob die Türklingel aus ist, denn du willst heute niemanden mehr sehen) und dir irgendwas im Fernsehen reinziehen. Deine Ansprüche sind gerade nicht allzu hoch, egal was, Hauptsache, du hörst Geräusche und fühlst die Stille und die Enge deines Käfigs nicht so sehr.. denn du brauchst dringend Ruhe, du musst dich erholen, vom Teufelskreislauf deiner Gedanken und der gefühlten Hoffnungslosigkeit und Ohnmacht.
Willkommen, Du hast (für diesen Moment) das Hamsterrad überlebt!
Einmal mehr hast du es geschafft. Das ist eine gute Nachricht. (Ja, im Ernst!)
Mach jetzt keine großen Pläne die dich dann vielleicht (oder wahrscheinlich) doch wieder überfordern. Lebe von Tag zu Tag. Immer ein Schritt nach dem anderen.
Mehr braucht es für diesen Moment nicht. Manchmal ist es schon verflucht anstrengend überhaupt WEITERZUATMEN. Tu es einfach, denk nicht darüber nach, was (die) andere(n) dazu sagen würden/könnten/wollten. Du bist nicht die Anderen.
Scheiß auf die Anderen! Die anderen stehen im Stall und machen Muh. Um dich geht es. Mach dir das klar. Es ist okay, das du bist wie du bist. DU bist okay.
Halte durch, irgendwann kommt der Moment, an dem du dies auch wieder selbst glauben kannst. Irgendwann kommt auch wieder der Moment, wo du wieder Leben fühlst. Bei mir fing es an, als ich mich wieder über die kleinen Dinge des Lebens zu freuen lernte, weil ich sie wieder sah und erkannte.
Nimm in deinem Interesse Abstand von Bewertungen von Menschen zu Menschen und über Menschen. Denn das tut einem nicht gut. (Das hast du ja gerade wieder erlebt..) Mach dich frei.
Du atmest, also bist du. Und du bist okay, wie du bist. (Ja, auch wenn du grad am Ende bist.) So wie jeder Mensch von Haus aus okay ist, wie er ist. Mehr musst du für diesen Moment nicht wissen.
Es gibt Licht am Ende des Tunnels, auch wenn es (noch) nicht zu sehen ist, ich 'schwöre', es ist da und du kannst es finden. *
Dafür müsstest du allerdings (bitte) das Hamsterrad überleben. Und das ist leider nicht so selbstverständlich, wie manch einer landläufig vielleicht (immer noch) denkt.
- Ende -
Pat - 23.03.2016, 23:55h
(*Ich habe es inzwischen gefunden.. vielleicht kann dir das etwas Mut machen?)
P.S.: Dieser Text entstand spontan am Handy (und direkt im Blog) aus dem erleben der Depression insgesamt und speziell aus dem erleben verschiedener Eindrücke in den letzten Tagen/Wochen/Monaten. Wenn es raus muss, muss es eben raus. ;-) Und nun ist es raus. Gut so.
Ich halte es für möglich, das der Eindruck entsteht, dass ich denke oder glaube Dir (dem Leser oder Betroffenen) sagen zu dürfen/können, was du tun sollst. (siehe Text in der "Du Passage" nach dem "Weiterzuatmen") Das kann ich natürlich nicht und das will ich auch nicht.
Und du willst das sicher auch nicht. Es haben dir bestimmt schon genug Leute gesagt, was du Ihrer Meinung nach 'tun sollst' (oder was nicht) und ich möchte mich nicht in diese Reihe stellen und dir also nicht sagen, was du tun sollst, denn diese Entscheidung liegt in dir und in deiner Hand. Nirgendwo sonst und niemandem sonst gebührt sie.
Ich wünsche mir aber, dass du dieses und ähnliche Hamsterräder überlebst, bis du selbst eine Entscheidung treffen und eine Lösung für dich finden kannst, wieder ins Leben zurückzufinden und mit der Depression leben zu lernen.
(Ja, doch, das geht!)
Gute Nacht!
Pat
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Tags: Depression, Reflektion, IchunddieDepression, Hamsterrad