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Mittwoch, 20. April 2016

Im Krankenhaus - Tag 7 (Entlassung)

Abschiedsblick
Blick zum Abschied 

Im Krankenhaus - Tag 7

(Entlassung) 


Heute ging dann alles recht schnell. In der Visite stellte sich gegen 11 Uhr heraus, das die Stationsärztin mich heute entlassen möchte und dies dann auch tat. Man habe mich nun erfolgreich auf Blutdruckmedikamente eingestellt, hieß es. 

Nun, noch vor zwei Tagen saß ich, nach besser werdenden Werten von um die 110/80 zuletzt, mit einem Wert von 190/80 auf dem Bett und bekam aufgrund dessen heute ein neues Medikament, von dem ich daher noch nichts in punkto Nebenwirkungen weiß und von den Medis der letzten Tage meinte, Nebenwirkungen festzustellen und diese teilweise auch den Krankenschwestern gegenüber artikulierte. Also erschreckte mich die kurzfristige hopplahopp Entlassung erstmal etwas und das artikulierte ich dann auch tapfer, obwohl es nicht einfach war für mich.  

In Bezug auf meine Nieren gibt es wohl unterschiedliche Auffassungen zwischen der Stationsärztin und der Oberärztin. Wohl auch darüber ob ein (seit gestern) erneut um 0,2 gestiegener Kreatininwert auf nun 2,1 als Verschlechterung zu werten sei oder ob es natürliche Schwankung sei (Auffassung der Stationsärztin). Das irritierte mich ebenfalls etwas. Außerdem hatte ich noch das Wort des Chefarztes im Ohr, der am Samstag sagte, das meine Nieren viel zu viel Eiweiß verlieren würden.  

Aussage der Oberärztin und des Chefarztes war, dass ich (Mitte Mai) zu einer Nierenbiopsie kommen solle, um die Ursache der Niereninsuffizienz in Erfahrung zu bringen und das mein Wert sich weiter verschlechtert habe, während die Stationsärztin der Auffassung war, das man keine Biopsie machen müsste, da es ein riskanter Eingriff sei, so wörtlich, bei dem ich meine Niere verlieren könne und es sowieso ein chronischer Schaden sei und der nun höhere Kreatininwert nur eine natürliche Schwankung sei. Als Grund der Schädigung sah sie den hohen Blutdruck. Belegen konnte sie das nicht und stellte somit in meiner Wahrnehmung ehr eine These auf, als das sie etwas fundiertes in der Hand gehabt hätte, das belegt, das es am Bluthochdruck liegt. Ebenso gut kann etwas anderes Auslöser des Nierenversagens sein, denke ich mir.   

Mit der Formulierung "Niere bei Biopsie verlieren" griff die Ärztin (nach meinem Empfinden) in der Argumentation ein einziges (und das in meinen Augen schlimmste anzunehmende) von vielen Risiken auf und stellte es somit nach meinem Empfinden erhöht dar und löste damit dann Ängste bei mir aus, von denen ich im Moment des Geschehens vermutlich irrtümlich annahm, das sie diese Ängste mehr oder weniger gezielt angetriggert hatte, weil sie die Diskussion um die Entlassung, die Blutdrucksituation (eingestellt oder nicht eingestellt) und um etwaige Nebenwirkungen der Medikamente mit mir beenden wollte. 

Für sie war ich intuitiv empfunden bereits Ex-Patientin und mein Bett neu zu vergeben und sie hatte keine Lust mehr auf Diskussionen mit mir. Möglicherweise täusche ich mich da (wie bereits erwähnt, aus der Sicht der Nachschau) aber auch, das sie meine Ängste bewußt benutzt hätte, dieser Eindruck kann durchaus an einer verzerrten Wahrnehmungsbrille (resultierend aus Erlebnissen im Säuglingsalter) liegen.

Aber, loshaben wollte sie mich, warum auch immer, das war für mich deutlich intuitiv zu spüren. Schon bei der Visite am Montag, vor zwei Tagen. Ich bin mir einigermaßen (sehr) sicher, das meine Intuition mich diesbezüglich nicht trügt.

Mich hat am meisten gestört, das sie umfänglich (soweit in der Kürze möglich) über meine Probleme wie schwere Depression, Angststörung und schwerer innerer Unruhe informiert war. Durch die Akte und durch ein persönliches Gespräch mit mir. Und mir dann dennoch etwas wie: "bei einer Biopsie können sie ihre Niere verlieren" um die Ohren haute. Als einziges gegen eine Biopsie vorgetragenes Argument.  

Gerüstet durch den gestrigen Blogeintrag "Im Krankenhaus - Tag 6 (Schweigen • Sprechen)" fand ich diesmal den Mut, die Dinge nicht wieder ungesagt zu lassen, die mich umtrieben und so gelang es mir in einem zweiten Anlauf mit der Stationsärztin über das zu reden, was mich störte. (Eine Premiere!)

Ich war dabei sehr aufgeregt und mein Herz raste, der Kopf verschwand in einer warmen Wolke aus rotem Puls (Herzrasen), aber ich schaffte es mein Anliegen zu vertreten ohne ihr gegenüber ausfallend zu werden. Meine heftige Unruhe konnte ich allerdings nicht verbergen. Diese legte sich aber zum Glück im Verlauf des Gespräches.  

Im weiteren Verlauf des Gespräches fragte sie mich (gefühlt ein wenig zickig) ob ich nur meine Meinung hätte loswerden wollen oder ob ich auch an einer Antwort interessiert sei. Ich signalisierte ihr ein: "Ja." 

So erläuterte sie mir dann, dass sie schlicht eine andere ärztliche Meinung als Ober- und Chefarzt vertrete und entschuldigte sich für ihr (so wörtlich) unsensibles/unempathisches Verhalten mir gegenüber und erklärte, das ihr dieses im Moment des Gespräches nicht bewußt gewesen sei. Aus dieser Sicht scheint also ehr eine Form mangelnder Achtsamkeit im Umgang mir mir als Patientin der Grund für den in mir schmerzhaft empfundenen *Hieb* gewesen zu sein und dieser war also mitnichten ein bewußter, absichtlicher Akt, sondern wohl ehr ein zufälliges kollidieren von zwei unterschiedlichen Lebenswelten, ihrer und meiner in einer situationsbedingten zufälligen Schnittmenge. (An dieser Stelle verbirgt sich ein deutlicher Hinweis an mich auf mein Problem, mich bewußt verletzt/angegriffen zu fühlen, ein altes Problem/Wahrnehmungsverzerrung). 

So trennten wir uns am Ende ausgesprochen und in einem neutralen Bereich. Sie wirkte ein wenig versöhnt und wieder entspannter, ich fühlte mich erleichtert und wahrgenommen und kurz darauf war ich dann auch schon auf dem Weg nachhause.  

Ich werde mir einen neuen Arzt suchen müssen, das ist jetzt überklar. 

Doch, so sehr ich früher an solchen Hürden scheiterte, kann ich heute (dieses Mal) vielleicht genug Energie aus dem *push* durch den Aufenthalt im Krankenhaus (Untersuchungen wurden gemacht, Dinge geklärt, meine Lage ist also nicht mehr so unangenehm diffus) ziehen und mich auf die Socken machen, einen guten Facharzt zu finden. Ich denke es sollte wohl ein Internist sein. Ich werde versuchen das in Angriff zu nehmen. 

Bis ich darin erfolgreich bin, muss der bisherige Hausarzt irgendwie reichen, für Blutdruckkontrollen, Blutwerte und Rezept. (Das macht mir natürlich keine guten Gefühle, ist aber nicht zu ändern.) Und ich muss künftig auch selbst kontrollieren. Ich brauche ein gutes (nicht teures) Blutdruckmessgerät. (Etwaige Tipps von Leser*innen aus eigener Erfahrung sind ausdrücklich willkommen!) 

Es ist viel in Bewegung gekommen, seit dem 13.04.2016, an dem ich mich endlich überwinden konnte zu handeln (aus der Vermeidung in die Aktion zu kommen) und trotz heftiger innerer Gegenwehr aufgrund akuter Beschwerden in die Notaufnahme fuhr. 

Das man es für mein Empfinden zu eilig hatte mich zu entlassen, darf oder kann ich wohl im System der heutigen Gesundheitsversorgung verorten. Darin zählt der Einzelne mit seinem individuellen Schicksal und tatsächlichem Bedarf nicht mehr so, wie es noch vor 10 oder 20 Jahren möglich war. In der heutigen Welt sind es nicht mehr "unsere" staatlichen Krankenhäuser, sondern Firmen, die Krankenhäuser für die Allgemeinheit betreiben, die Profit erwirtschaften sollen. Ein Hoch auf die Profitmaximierung im Gesundheitssektor! Nicht. 

Für mich bedeutet das in dieser Situation nichts anderes, als, das es nunmal ist wie es ist - und aus die Maus. 

Also habe ich binnen 60 Minuten nach der Ankündigung der Entlassung mein Mittagessen vertilgt, Schrank und Nachtschrank geräumt, mich von Klärchen (meiner Bettnachbarin) verabschiedet und ihr alles Gute gewünscht, dem netten Pfleger gedankt, sowie den Arztbrief und die Medikamente für morgen eingesackt - und Abgang. 

Wenn Entscheidungen erstmal getroffen wurden oder "gefallen sind" habe ich es in aller Regel eilig zur Tat zu schreiten. In solchen Situationen mag ich keine langen Abschiede. ;-) 

So bin ich inzwischen seit dem Nachmittag wieder daheim, wurde dort freudig begrüßt und bin inzwischen auch wieder angekommen. Als HSP (hochsensible/hochsensitive Person) brauche ich immer ein bischen, bis ich mich auf eine veränderte Situation eingerichtet habe. 

Mein Plan war, jeden Tag meines Aufenthaltes im Krankenhaus etwas dazu zu bloggen, für mich, für eine spätere Nachschau. 

Erfreulicherweise darf ich jetzt also feststellen, das mein Plan ausnahmslos gelungen ist, ohne einen einzigen Fehltag. Ergo war ich erfolgreich (schönes Gefühl) in der Planausführung und das wiederum bedeutet auch, dass dieser Eintrag wohl (bis auf die Nachschau) - für dieses Mal - der letzte Eintrag unter dem Hashtag "imKrankenhaus" ist. 

Ich bin also wieder vom täglichen bloggen frei und "erlöst", so wie der/die ein oder andere regelmäßige Leser*in es nun auch wieder ist. *lacht* 

Ab jetzt kann ich wieder spontan vor mich hin bloggen, wann immer mir danach ist, das hat durchaus auch seine Vorteile. Für beide Seiten - Schreibende wie (regelmäßig) Lesende. ;-)

Ich habe den Eindruck das mich das tägliche bloggen und der Krankenhausaufenthalt ein gutes Stück weiter gebracht haben, auf meinem Weg. 

Es hat sich schon jetzt viel gutes für mich daraus ergeben, an Erkenntnissen wie an guten Gesprächen, die wiederum oft zu Erkenntnissen führen und für die ich sehr dankbar bin, das sie mir zuteil wurden und es hoffentlich weiter werden. Die Gespräche wie auch die Erkenntnisse. Ich habe noch viel zu lernen auf dem Weg ins Licht, das ist mir bewußt. 

Abschließen möchte ich diesen Blogpost mit dem folgenden Zitat: 


Staune und Lausche

Das Aufkeimen und Erblühen von Verständnis, Liebe, und Weisheit geschieht von selbst, wenn ein Mensch forscht, neugierig ist, ergründet, schaut und horcht, ohne in Angst, Lust oder Schmerz hängen zu bleiben. Wenn die Ichbezogenheit ausgedient hat und verstummt ist, dann sind Himmel und Erde offen

(Toni Packer, The Work of this Moment, from The Buddha is Still Teaching, edited by Jack Kornfield, Shambala 2)

- Ende - 

Pat - 20.04.2016, 21:34h 
          edit 21.04.2016, 11:23h (ergänzt) 




Tags: imKrankenhaus, Entlassung, Ärzte, Blutdruck, Nieren, HSP, Wahrnehmung, Veränderung, sprechen

Dienstag, 19. April 2016

Im Krankenhaus - Tag 6 (Schweigen•Sprechen)


Im Krankenhaus - Tag 6 

(Schweigen•Sprechen) 


Vom Schlaf noch wie betäubt sitze ich auf einer Parkbank am Rande des Parkplatzes und betrachte meine Umgebung bei einer ersten Zigarette und einem Kaffee, es ist 06:58h. Autos wechseln geräuschvoll an mir vorbei, während Menschen schnellen Schrittes ihrem Arbeitsplatz zustreben. Betriebsamkeit allerorten, die Stadt ist erwacht. 

Mir fällt mein gestriger Friseurbesuch ein und ich frage mich immer noch, was das wohl war, in dem Moment, als die Friseurin mir genervt, weil sie nicht verstand, wie ich die Haare geschnitten haben möchte, brutal mit der Schere in den Pony hackte und ihn damit sichtlich verunstaltete. 

Wir haben danach nicht darüber gesprochen das und warum sie es tat. Vermutlich tat sie es aus Überforderung und Gereiztheit. So sehr ich das auf der menschlichen Ebene verstehen kann, so sehr hat es mich dennoch verärgert, das sie so mit mir umging und mich einfach in einem spontanen Akt verunstaltete, weil sie ein Problem mit der Situation hatte. 

Und ich habe wieder nichts gesagt, habe sie nicht direkt darauf angesprochen. Wie meistens. Aber ich gab ihr einen Euro Trinkgeld, mit der Bemerkung: "Der ist für ihre Nerven, ich war ja wohl etwas anstrengend für Sie." Als nächstes hatte ich den Eindruck das sie etwas beschämt war, aber nur ein kleines bischen. Dann ging ich, ärgerte mich über den verunstalteten Pony und plante im Geiste bereits, wie ich ihn wohl retten könnte, in Eigenregie mit Spiegel, Kamm und Schere. Was dann später zum Glück so einigermaßen gelang. 

Da ich jetzt darüber schreibe, gehe ich davon aus, das dieses Thema mich irgendwie weiterhin bewegt. Tja, Menschen und ihre Eitelkeiten. 

Als nächstes fällt mir ein, das es so auch in der Praxis meines Hausarztes ist. Seit fünf Jahren läuft das Spiel schon. Wenn ich dort aufschlage, habe ich als Patientin gefühlt nur einen Wert: den, das man für meinen Arztbesuch von der Krankenkasse Geld bekommt, eine kleine Pauschale. Wenn man mir überhaupt mal richtig zuhört, immer nur für kurze Zeit, um alle Beschwerden zu besprechen hätte man jetzt keine Zeit, ich solle eben ein anderes Mal wiederkommen. Der Hinweis auf die Zeit kommt in der Regel spätestens nach Erwähnung von Problem Numero drei oder nach circa fünf Minuten. Und grundsätzlich werden viele meiner Beschwerden aufgrund meiner Depression gleich mal als psychosomatisch eingestuft, was dazu führt das ich mich nicht für voll genommen fühle.

Dann gibt es, je nach Anlaß meines Besuches, entweder ein Attest oder eine Krankschreibung, ein Rezept oder eine Überweisung. Körperlich untersucht werde ich in 9 von 10 Fällen nicht. Auf Medikamente, die ich nicht mehr nachfrage, wird (rund ein Jahr später) in der Form reagiert, das man mich fragt, ob ich noch zu einem anderen Arzt gehen würde. Ich verneine, damit ist das Thema beendet. 

Einmal bat ich die Arzthelferin darum, man möge meinen Blutdruck messen, weil ich mich schlecht fühlen würde. Das war am 21.11.2014, ich hab's mir eingetragen. Ich hatte einen Blutdruck von 150/80, trotzdem war das nie Gesprächsgegenstand zwischen den Ärzten und mir. Obwohl bekannt ist das ich 2011 schonmal unter sehr hohem Blutdruck litt und seit Jahren keine Blutdruck Medikamente mehr einnehme. 

Und überhaupt, wie konnte ich als Patientin von mir aus "fordern", das man bitte meinen Blutdruck messen möge.. wenn der Arzt das angeordnet hätte.. okay.. aber so? Der Blick der Arzthelferin und ihr Tonfall sprachen Bände darüber, was sie davon hielt, das ich mich erdreistete sie um die Blutdruckkontrolle zu bitten. 

Überweisungen bekam ich in all den Jahren sicher so ungefähr zwölf in die Hand gedrückt. Zweimal auf eigenen Wunsch eine Einweisung ins Krankenhaus, die ich dann doch nicht wahr nahm, es ging einfach nicht, ich war innerlich blockiert. Seltenst wurde nachgefragt ob ich dort gewesen und was als Ergebnis herausgekommen sei. Ich sagte dann, das ich es nicht dahin geschafft hätte. 

Was mich genau daran hinderte zum jeweiligen Facharzt oder ins Krankenhaus zu gehen wurde nicht erfragt, die Arzthelferin drückte mir lediglich bei einer der Gelegenheiten, wo ich wieder so einen Zettel bekam, den Spruch: "Na, da werden sie ja doch wieder nicht hingehen!" Sie sagte das vor einem voll besetzten Wartezimmer (der Tresen liegt schrägt gegenüber davon) und brachte mich damit in Verlegenheit. 

Ein anderes Mal passierte es, als sie mit mir besprach, was sie in mein Attest schreiben würde. Vor den Ohren der anderen Patienten fielen Worte wie schwer depressiv, Angststörung, Entzündungen. Ja, das ist toll, echt klasse. Ich lebe in einem Dorf wo nahezu jeder jeden kennt und da ist sowas echt klasse. Nicht! 

Aber das ist wohl einfach egal oder sie merken es nicht. Kurz gesagt, die Situation mit dieser Hausarztpraxis (und den dort ständig wechselnden Ärzten aus einem "Ärztezentrum") ist desaströs. 

Auch in diesem Fall sage ich bisher nichts dazu, thematisiere meine Unzufriedenheit nicht. Seit vielen Jahren nicht. Weil ich nicht so recht weiß wie ich das tun kann oder soll (ohne anzuecken, ich bin in der Hinsicht oft erschreckend unfähig) und weil ich denke zu wissen, wohin es uns führt, wenn ich ihnen mitteile was ich von ihrem Dienst an mir als Patientin halte. 

Wahrscheinlich direkt in den größten Krach ever den ich mir dann wieder heftig zu Herzen nehme oder das mir daraus dann andere Nachteile erwachsen. Denn da dies der einzige Arzt in direkter Nähe ist, bin ich quasi in gewissen Dingen (Papierkram) auf die Praxis "angewiesen". So schweige ich also bis heute dazu, während ich mich gleichzeitig schon lange nicht gut damit fühle. 

Ende vom Lied ist, das ich jetzt mit einem Nierenversagen, heftigen Blutdruckproblemen und diverser andere Probleme im Krankenhaus liege. Irgendwas läuft da schief, es läuft nicht so, wie es optimalerweise für mich laufen sollte oder könnte und daran sollte ich in Zukunft besser arbeiten und Alternativen suchen und dieses unwürdige Spiel beenden, nach nunmehr fünf Jahren. (Wie auch immer..) 

Vielleicht (hoffentlich) gelingt es mir über diesen Krankenhausaufenthalt, wenigstens die Zeit der medizinischen Unterversorgung zu beenden und später vielleicht über das Krankenhaus einen ambulanten Arzt zu finden, der mich mit meinen Beschwerden ernst nimmt, anhört und adäquat medizinisch versorgt. Und eine ganze Reihe wichtiger Untersuchungen wurden hier bereits erledigt, ich konnte also schon einiges klären oder auf den Weg bringen. 

Das macht Hoffnung auf mehr und Besserung! :)

Ich habe ganz allgemein auch wieder 
das Gefühl, das viel in Bewegung ist oder kommt in meinem Leben. Das Gefühl hat in etwa die Intensität wie zuletzt am Ende letztes Jahres, von 2015 auf 2016. Damals setzte ich mich spontan nach einer Inspiration hin und schrieb "Gedanken & Wünsche zum Jahreswechsel 2015", einen Blogpost, den ich mittlerweile für einen Meilenstein halte, weil er eine wichtige Phase der Veränderung in Worte kleidet und damit (für mich) erst so richtig sichtbar und begreifbar macht. 

Ich habe Zuversicht, das ich irgendwann wieder (egal wem gegenüber) sagen kann, was mich stört und was ich gerne wieso und warum anders hätte. Und zwar ohne mit meinen Worten, Gesten, oder Tonfall ein mittleres Erdbeben auszulösen, einfach, weil ich unsicher und nervös oder unruhig bin und mich deshalb nicht immer angemessen artikulieren kann. 

 Eine innere Frage taucht auf: Habe ich ein Problem mit meiner "Sichtbarkeit"? Einerseits ist es mir wichtig (wieder) gesehen zu werden und andererseits kommt es mir vor, als hätte ich eine Scheißangst tatsächlich wahrgenommen und gesehen zu werden. Ein Spagat. Ein schwieriger obendrein. 

Im Netz habe ich die Probleme nicht so sehr (außer manchmal, wenn ich auf *veröffentlichen* klicke und dann innerlich sehr unruhig werde), aber da kann ich ja auch schreiben und überdenken. Und vor allem einfach das Handy zur Seite packen, wenn ich nicht (mehr) reden will oder kann. Real ist das weniger leicht umzusetzen. Der Schlüssel wird sein, wieder ein adäquates Verhältnis zur Sichtbarkeit zu erlangen. ;-) 

Ich mag's allgemein nicht mehr, schlechte Laune zu verbreiten und dazu kann es aber leider bislang immer noch kommen, wenn ich mich verarscht, schräg angemacht oder/und überfordert fühle. Was wiederum eine Sache der Wahrnehmung ist, an der ich ebenfalls "arbeite". Ich werde (wieder) wachsen!

(Hui, heut mal wieder ein langer Text.)

Abschließen möchte ich heute mit einem Zitat von Rilke: 

• Habe Geduld gegen alles Ungelöste in deinem Herzen und versuche, die Fragen selbst liebzuhaben wie verschlossene Stuben und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache geschrieben sind. Forsche jetzt nicht nach den Antworten, die dir nicht gegeben werden können, weil du sie nicht leben kannst. Und es handelt sich darum, alles zu leben. Lebe jetzt die Fragen. Vielleicht lebst du dann allmählich, ohne es zu merken, eines Tages in die Antwort hinein.  

(Rainer Maria Rilke) •

- Ende - 


Pat - 19.04.2016, 19:19h 

(eine kleine Geschichte aus der Reihe "imKrankenhaus") 

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Tags:
imKrankenhaus, Schweigen, Sprechen, Unsicherheit, Wahrnehmung, 

Montag, 18. April 2016

Im Krankenhaus - Tag 5 (Rätsel)





Im Krankenhaus - Tag 5 


(Rätsel)


Mir dünkt der fünfte Tag will irgendwie nicht beschrieben und erzählt werden, denn heute mag mir scheinbar nichts gescheites aus der Feder fließen, aber ich versuchs trotzdem mal:

Vom Tagesgeschehen her war es ein ruhiger Tag. Normale Visite, später eine fachärztliche Untersuchung (neurologisches Konzil) und Blutdruckmessungen, das wars. Morgen wird dann wieder Blut abgenommen, kündigte man mir an, was bei mir in der Regel sehr schwierig ist, aber vielleicht klappt es ja. 

Ich hatte heute so den Eindruck das die visitierende Stationsärztin mich gern bald wieder los hätte, denn im Vergleich zum Chefarzt am Samstag war sie nicht überzeugt das eine eingehendere Untersuchung der Nieren (Punktion) nötig sei und das klingt nach: "Wir hätten gern ihr Bett wieder frei für den nächsten Patienten." So in der Art, na, da haben sie halt einen chronischen Schaden, wo man (hier) eh nix mehr dran machen kann. 

So hat sie sich artikuliert und, um ehrlich zu sein, gefiel mir das garnicht. Denn bisher weiß ich immer noch nicht warum meine Nieren versagen und mein Blutdruck immer wieder explodiert (eben gerade auf 190/80) und sie klang für mich, als wäre es (für sie) jetzt auch garnicht das Ziel, das herauszubekommen und zu überlegen wie man mir mit einer Therapie helfen könnte. 

Bei der Untersuchung des Neurologen kam heraus, das der Dauerschmerz in den Beinen wohl keine Polyneuropathie ist (was ihn angesichts meiner Vorgeschichte erstaunte), er denkt das es vielleicht Rheuma sein könnte. Ich werde seinen Bericht abwarten, aber ich denke, für den Leistenschmerz hat er keine Erklärung. In der Notaufnahme tippte ein Arzt auf Probleme mit der Hüfte. Wtf? Ich bin doch erst 52! Meine Beschwerden bleiben also erstmal mysteriös. 

Tscha.. abwarten und Tee trinken, oder? 

- Ende -


Pat - 18.04.2016, 19:48h

(eine kleine Geschichte aus der Reihe "imKrankenhaus") 

Sonntag, 17. April 2016

Im Krankenhaus - Tag 4 (Erinnerungen & Befindlichkeiten)





Im Krankenhaus - Tag 4 

(Erinnerungen & Befindlichkeiten) 


Die Vögel geben ihr Morgenkonzert und ich lausche ihnen andächtig, während ich die vergangene Nacht Revue passieren lasse. Erinnerungen fluten über mich hinweg, in einer Intensität, die kaum zu überbieten ist.  Ich fahre Achterbahn. 

Mal geht's hui, ganz nach oben, dann bin ich glücklich und ruhe zentriert und gelassen in meinem Inneren. Und dann geht die Fahrt schwuppde, einfach so, aus dem Stand wieder abwärts, weil eine schlechte oder traurige Erinnerung meinen Weg kreuzt und mich innerlich aufwühlt. Und das geht dann immer so im Wechsel hin und her, bis ich wieder Herrin der Lage werde. Ich schwinge. 

Während ich diese Zeilen auf der Dachterrasse sitzend niederschreibe fällt mein Blick auf den "Turm" in dem ich damals lag, beim letzten großen Drama vor acht Jahren, als ich mit 1,8 Liter Blutverlust und einem Leberversagen hier landete. 

Ich erinnere mich genau an das Zimmer, entsinne noch meine damaligen Zimmergenossen (es waren vier, da ich in einem Fünfbettzimmer lag) und erinnere auch bruchstückhaft einige Erlebnisse mit ihnen. 

Ich denke daran, wie knapp es damals für mich war, durch den hohen Blutverlust einerseits und meine Erkrankung andererseits. 

Ich denke an die nette 84-jährige Dame, die damals rechts neben mir lag und während eines Zuckerschocks mitten im Gespräch mit mir, ohnmächtig von der Bettkante zu rutschen drohte. Ich konnte sie damals gerade noch stützen. 

Ich denke auch an meinen freiwilligen Aufenthalt, hier in der Psychiatrie, vor fünf Jahren und an die Sache mit der Lungenentzündung, irgendwann 2009. Und daran wie ich zwischendrin kurz mit Magenproblemen hier war.

Ich erinnere mich wie schlimm und belastend das damals alles für mich war. Denke daran, wie ich weinend im Zimmer der Psychologin saß, weil ich todunglücklich war. Über meine persönlichen Probleme durch die Vergangenheit und über die damals sehr verfahrene Situation mit meinen Kindern. 

Tag 4 im Krankenhaus ist ein Tag des inneren Chaos, des Aufgewühltseins und inneren Aufruhrs und strengt mich daher doch mehr an, als ich vorhersehen konnte. Ich bin selbst überrascht wie sehr. 

Offensichtlich triggert der Krankenhausaufenthalt einiges bei mir an, wodurch verschüttete Erlebnisse an die Oberfläche gespült werden. 

Heute ist auch körperlich nicht der dollste Tag. Ich erhalte nun den zweiten Tag blutdrucksenkende und entwässernde Medikamente, nachdem ich hier in den ersten beiden Tagen durchschnittliche Werte von 180/80 hingelegt habe. 

Ich kann nur vermuten, welchen Stress die Medis meinem Körper machen. Er wird Zeit brauchen sich auf einen normalen Blutdruck einzupendeln und er tut dies nicht auf natürlichem Wege, sondern wird medikamentös dazu gezwungen, was er fühlbar als anstrengend empfindet. 

So habe ich heute freiwillig viel Zeit im Bett verbracht, ein deutlicher Indikator dafür, das ich mich nicht fühle. Denn normalerweise bin ich im Krankenhaus immer am wandern, weil ich sonst Unruhe habe. Verzichte ich freiwillig auf's Wandern, dann nur, weil es mir dafür körperlich nicht gut genug geht. 

Das ist wie mit dem Rauchen. Habe ich längere Zeit keinen Schmachter auf eine Zigarette, bin oder werde ich krank. Rauchende Leser*innen werden an dieser Stelle gewiß bestätigend nicken, weil sie wissen, wovon ich spreche.  ;-) 

Abgesehen davon freue ich mich auf kommende Tage der Besserung und normale Zeiten ohne Bluthochdruck. Es ist ein schönes Gefühl das sich (nach langer Zeit) wieder etwas auf der körperlichen Ebene bewegt und ich nach vorne sehen darf. Wie es in Bezug auf die Nieren weitergeht wird sich zeigen. Auch die Sache mit der Schilddrüse und die Schmerzen in der Leiste und allgemein in den Beinen haben noch Klärungsbedarf. 

Gestern nachmittag wurde ich auf ein anderes Zimmer verlegt, ich denke mal aus Rücksicht auf Charlottes Zustand. Meine neue Zimmernachbarn ist eine "süße" alte Dame namens Klärchen. Sie ist Baujahr 1922, aber deutlich besser zuwege als die arme Charlotte und sie ist orientiert und ansprechbar. 

Nur ein wenig schwerhörig ist sie, aber das hat durchaus Vorteile für Klärchen und mich, denn so muss ich keine Sorge haben, das ich der alten Dame geräuschlich lästig falle. 

Gleich besucht meine Tochter mich, mein Sohn wollte auch kommen, schaffte es aber nicht rechtzeitig aus H. wegzukommen. Das ist natürlich schade, aber ja nicht zu ändern. 

Angeeckt bin ich seltsamerweise nicht mehr, seitdem ich am Freitag angefangen habe, die sogenannte Rüffel- & Stressliste zu führen. Das ist nun zwei Tage her und nach dem 7. Eintrag kam kein neuer dazu. Ich denke das man in dieser Hinsicht von einem durchschlagenden Erfolg sprechen kann, das gefällt mir. (wieder was dazugelernt) 

So sitze ich jetzt, nach meinem Tagesresümee wieder einigermaßen entspannt in einer meiner Lieblingsecken hier auf dem Gelände, um diesen Text ins Handy zu tippen. 

Wieder entspannt auch deshalb, weil es (wieder) liebe Menschen in meinem Leben gibt, die mir das Gefühl geben, nicht allein zu sein mit all dem, weil sie für mich da sind, mich anhören und auch mal virtuell drücken oder knuddeln und somit Empathie zeigen. Das ist sehr wertvoll für mich und ich bin sehr dankbar für diese seelenwärmenden und herzerfrischenden Kontakte. 

Mein Plan ist, während des Krankenaufenthaltes täglich ein kleinen Eintrag zu verfassen, auch um mir die Einträge später, nach der Entlassung in einer Nachschau anzusehen. Mal sehen ob ich das "durchhalte". 

Insgesamt, so mein heutiges Fazit, ist es weiterhin gut und von Vorteil das ich hier bin und sich endlich wichtige Dinge klären. Und das wiederum macht mir grundsätzlich gute Gefühle. Das ist schön. Schauen wir mal was Tag 5 so im Gepäck hat. 

Morgen ist Montag. Das heißt, dass die Zeit der Erholung vom Klinikalltag rum ist und morgen wieder Visite, Untersuchungen, Blutentnahme, Blutdruckkontrollen und so weiter anstehen. Kurz gesagt: 's wird wieder stressiger werden. 

Das Rad dreht sich wieder, wie immer halt. ;) Vor mir liegen fünf Werktage.  


Abschließen möchte ich den heutigen Eintrag mit zwei Zitaten von Buddha:


• Jedes Leben hat sein Maß an Leid. Manchmal bewirkt eben dieses unser Erwachen. • 

und

• Niemand rettet uns, außer wir selbst. Niemand kann und niemand darf das. Wir selbst müssen den Weg gehen. •  

  

- Ende - 

Pat - 17.04.2016, 18:47h

(eine kleine Geschichte aus der Reihe "imKrankenhaus") 





Tags: 

imKrankenhaus, Erinnerungen, Befindlichkeiten, Gedanken, Gefühlschaos, Schwingungen, Buddha

Samstag, 16. April 2016

Im Krankenhaus- Tag 3 (Der Buddha)





Im Krankenhaus- Tag 3

(Der Buddha)


Vor einigen Monaten teilte sich mir eine Art spirituelle Botschaft mit: Die, das ich (gerade) sterbe. Jeden Tag ein bischen, Woche für Woche, Monat für Monat. Und es war, als spräche mein Körper (mit seiner Körperstimme) zu mir. Wohl um mir eine Art Weckruf zu senden. 

Ich war damals nicht in der Lage dieses vage Gefühl, oder besser: den diffusen Eindruck, zu sortieren und einzuordnen. Ja, sicher, gefühlt ging es mir nicht gut, aber für eine schwere Erkrankung hatte ich keine Anhaltspunkte. Vermeintlich. Ich sah, doch ich verstand das Gesehene nicht. Jedenfalls nicht umfassend. Ich hatte lediglich den Eindruck, den allerdings fest und prägnant: Du stirbst. (Was soviel bedeutet, wie: dein Körper stirbt.)

So kam es dass ich mich, wieder einmal, für latent ver-rückt hielt und versuchte die Sache (auch aus Unsicherheit) abzutun und ignorierte damit weitgehend mein Körperbewußtsein.

Ich konnte es erstmal niemandem mitteilen. Die Angst ausgelacht oder verhöhnt zu werden, sie war zu groß. Sie war wie ein Berg auf den Schultern eines Kindes. So trug ich also diese verhängnisvolle Saat der Botschaft und der Erkrankung in mir. Meist war die Botschaft in der Wahrnehmung ehr mit Erde bedeckt (bildlich gesprochen) und somit weitgehend "unsichtbar" für mich. Ab und zu blitzten jedoch weiterhin Gedankenimpulse auf, kurz & prägnant: die schlicht lauteten: 
Du stirbst. 

Wahrscheinlich war es dieser Impuls, verbunden mit einem gerüttelt Maß an Sorge, Angst und Schmerzen, der mich letztlich hierher trieb, hierher ins Krankenhaus. Hierher, wo der Verstand gestern dazu aufgefordert wurde, nicht nur zu hören und zu sehen, sondern auch zu verstehen! 

Ja, ja, ja, in drei Teufel's Namen: 
Ich sterbe. *uff!* 
(es tut unfassbar gut es endlich auszusprechen)

Seit Monaten ein bischen. Und es ist auch dieses Mal wieder verdammt knapp für mich, ich schramme so gerade noch am Schlimmsten vorbei. Doch wie schon beim letzten Mal und dem davor, ist die Situation nicht alternativlos und nicht unabwendbar. 

Das Leben hat mich gelehrt, das es im tiefsten dunklen Tal Licht geben kann, ein Licht das einem den Weg hinaus aus dem finstren Tal und wieder hoch in die hellsten Höhen und zum Guten führen kann. Ich schaffe das! Das weiß ich.

Hach, es wird wohl wenige geben (vermute ich), die verstehen, wie ich mich gerade fühle. Endlich ist die innere Stimme zufrieden, denn sie wurde am Ende doch erhört und verstanden. 

Trotz der schlechten Nachrichten macht sich ein Gefühl grenzenloser Erleichterung breit und die Stimme klingt nun versöhnlich, fast ein wenig fröhlich, als wolle sie mir sagen: 

"Das hast du gut gemacht! Du hast es noch rechtzeitig hin geschafft und ab jetzt kann wieder alles gut werden." 

Ich weine ein bischen, während ich auf den friedlichen Buddha (in Gestalt eines Mitpatienten) schaue, der circa 10 Meter von mir entfernt wie ich in der Morgensonne sitzt und entspannt. Er lächelt so friedlich. Sein Anblick berührt mich tief im Innersten. 

Als ich ihn anspreche erklärt er mir, das er gerade an seine Kinder gedacht hat. Das erklärt seine friedliche Erscheinung und das glückliche feine Lächeln.

Ich habe Buddha geschaut, in einer seiner vielen Formen. Und ich bin sehr dankbar dafür, dass er sich mir gezeigt hat, besonders an einem Tag wie diesem heute. Dem Tag danach. (nach der Diagnosenstellung)

Nun lächele auch ich, während eine letzte heiße, kleine Träne aus meinem linken Augenwinkel quillt und über die Wange abrollt.

Ich lebe. Und ich bin (anders als früher) sehr dankbar dafür. 

- Ende - 


Pat - 16.04.2016, 09:43h 

Tags: Krankenhaus, Diagnosen, Buddha, Frieden, Gedanken

(eine kleine Geschichte aus der Reihe "imKrankenhaus") 


Freitag, 15. April 2016

Im Krankenhaus - Tag 2 (Charlotte spricht)



Im Krankenhaus - Tag 2 

(Charlotte spricht)


Charlotte spricht. Meistens mit Menschen aus der Vergangenheit, manchmal mit Gott und hin und wieder gelingt es einer Pflegekraft Charlotte in ihrer Welt zu erreichen, dann spricht sie mit ihr. Mit mir spricht Charlotte nicht. 

Manchmal singt Charlotte auch, mit erstaunlich fester Stimme und voller Inbrunst. Alte Lieder aus einer vergangenen Zeit, die manchmal doch etwas sehr zackig anmuten und damit dann ungute Gefühle bei mir erzeugen. [Charlotte ist Jahrgang 1928]

Manchmal unterbricht Charlotte ihre geisterhaften Gespräche um amüsiert, fröhlich oder böse zu lachen; oder - je nach Situation - bitterlich zu weinen.

Manchmal schimpft sie auch laut, dann wieder klagt sie oder greint. Oder sie betet zu Gott um ihren Abschied, dass er sie doch bitte gut aufnehmen möge und das sie seine Gnade erflehe. 

Charlotte erlebt ihr Leben quasi noch einmal. Sie erlebt inzelne Situationen und Begebenheiten, mit den sie damals umgebenden Menschen. Sie erlebt sie sozusagen im Zeitraffer. 

Charlotte gibt ihre letzten Auftritte auf der Bühne des Lebens und ich sitze als ihre Bettnachbarin im Publikum und lausche, mal gewollt, mal ungewollt. 

Gestern hat Charlotte mir Angst "gemacht", ihr Verfall, die Verwirrtheit, der nahende Tod. Ich war nicht auf eine Bettnachbarin wie Charlotte vorbereitet, ihr Anblick erschreckte mich. 

Inzwischen kann ich sie mit festem Blick ansehen und ich spreche manchmal sogar mit ihr, frage ob sie etwas braucht oder sage ihr etwas. 

Mit mir spricht Charlotte nicht. 

Für sie bin ich in etwa so interessant wie ein Möbelstück. Sie weiß, das es mich gibt, aber - wie es scheint - weiß sie nicht, wer ich bin oder was ich hier tue. 

Für mich ist das so in Ordnung und für Charlotte anscheinend auch. 

Charlotte und ich, wir ergeben zusammen 140 Jahre gelebtes Leben.

So viele Jahre auf der Waagschale der Zeit. Diese Zahl beeindruckt mich. 
Und Charlotte berührt mich irgendwie. 

Obwohl sie nicht mit mir spricht.

- Ende - 


Pat - 15.04.2016, 21:57h 

(eine kleine Geschichte aus der Reihe "imKrankenhaus") 

Donnerstag, 14. April 2016

Im Krankenhaus - Tag 1 (Charlotte)


Im Krankenhaus - Tag 1

[Charlotte]


Neben mir liegt der Verfall in Form einer alten Dame, die sich langsam in den Tod schläft und röchelt. Charlotte's Haut ist violett verfärbt und geschwollen. Ein Mann sitzt ihr still bei und nimmt - so fühlt es sich an - leise Abschied. 
Anblick und Szenerie gruseln mich. 

Dank der Hochsensibilität sind meine Sinne zum zerreißen gespannt, ich habe unruhige Stunden hinter mir. Links von mir blubbert eine Art Plastik-Wasser"bong", das an einem Sauerstoffanschluß hängt. Von dem "Bong" führt ein Schlauch zu Charlottes Nasenlöchern. Das wird wohl ihr Beatmungsschlauch sein.

Ich überlege wie alt Charlotte wohl sein mag. Ihr Gesicht ist stark verquollen und es ist schwer ihr Alter einzuschätzen. 

Ich denke das sie 70 oder 80 Jahre alt sein könnte. Sie könnte aber ebensogut auch 90 oder gar 100 sein, es ist mir nicht möglich eine profunde Schätzung hinzubekommen.

Mit Charlotte geht es wohl bald zu Ende. Es klang so heraus, ich konnte es einem Gespräch entnehmen, als hätte sie das wohl auch gewußt und auch eigentlich nicht mehr ins Krankenhaus gewollt. 

Arme Charlotte, am Ende deines Lebens bist du allein. Zurückgelassen und ohne Angehörige liegst du hier einsam im Sterben. Nur das Blubbern des "Wasserbong" für deinen Sauerstoffschlauch ist zu hören und dann bin da noch ich, im Bett neben dir. Und es gruselt mich. 

Es gruselt mich, weil Verfall und Tod mir gerade sehr nahe sind. Mir insgesamt wieder mal beängstigend nahe gekommen sind. 

Verfall und Tod, Kräfte - unsichtbar und sehr real, im Bett neben mir auf Charlotte lauernd; wie zwei Brüder, die Hand in Hand arbeiten, im Team. Erst tut Bruder Verfall sein Werk und öffnet dann damit Bruder Tod die Tür. 

Es gruselt mich, weil ich es traurig finde, dass Charlotte am Ende ihres Lebensweges so ganz allein zu sein scheint; bis auf den Pfarrer aus dem Altenheim, der still an ihrem Bett sitzt.

Es gruselt mich, weil ich mich - wieder mal - frage, wie mein Ende wohl aussehen wird. Werde auch ich irgendwann einsam und verlassen in einem Krankenhaus vor mich hinsiechen, bis ich den verfallenden Körper verlassen darf? 

Wird es weh tun und wieviel werde ich dann noch von all dem mitbekommen?

Werde ich vor mich hindämmern oder bis zuletzt mit einem scharfen und analytischen Verstand "gesegnet" sein? 

Charlotte schnarcht röchelnd. 
Ich atme schwer. 


- Ende - 


Pat - 14.04.2016, 17:01h

(eine kleine Kurzgeschichte aus der Reihe "imKrankenhaus") 

Dienstag, 12. April 2016

Ein Seelenbild [Kurztext]



Ein Seelenbild 


Du wolltest wissen, wie es wohl in meiner Seele aussähe?

So stelle dir eine Wildwiese voller Leben im schönsten Sonnenschein an einem Tag unter blauem Wölkchenhimmel vor. Baumumstanden ist sie voller Gräser, Kräuter, Wurzeln und Wildblumen und mit einer reichhaltigen Fauna versehen. Kurzum: sie ist wunderschön anzusehen, Leben in seiner Pracht.

Und siehst du dann genau hin, ins Kleine, über, auf und unter der Wiese, so erkennst du, wie's Gekrabbel im schönen Idyll um's (über)Leben kämpft, der Eine mit dem Anderen.

So siehst du meine Seele dann.

Pat - 12.04.2016, 19:34h

Tags: Seelenbild, nurso, Gedanken, Kurztext, Depression

Donnerstag, 24. März 2016

Das Hamsterrad [Depression]

Das Hamsterrad 

(Aus der Reihe: Ich und die Depression • Die Depression und ich - Teil 3/Hamsterrad) 


Das Hamsterrad kennt sicher jeder von uns. Im allgemeinen wird darunter verstanden, das man in seinem Trott fest steckt. 

Beispielsweise in einer ungeliebten Arbeit, die man des Broterwerbs halber auf sich nimmt oder in einer unglücklichen Beziehung, die doch aber mal so hoffnungsfroh begann und die man nun, da die Hoffnungen zerbrachen, nicht beenden kann. Weil man es nicht übers Herz bringt (sagt man sich selbst) und weil man (noch) nicht loslassen kann (eine oft unterschätzte Spielart). So steckt man, erstmal ohne Lösung, im Trott.

Nun, diesen gibt es auch in der Depression und er unterscheidet sich wenig von den eben genannten Beispielen. Ich möchte versuchen, hier zu schildern, wie es sein und aussehen kann, wenn man als Mensch mit Depressionen im Trott fest steckt, im Hamsterrad. Welcome to the show, haha. 

Es bedeutet, stetig Achterbahn zu fahren. Mal geht es dir so.. irgendwas, irgendwie.. und dann geht's wieder, hui, ab geht die wilde Fahrt, abwärts, in den Keller der Emotionen und du quälst dich mit (wahrscheinlich oft gestellten) Fragen. Überlegst in die eine und dann in die andere Richtung, wendest und drehst es von allen x Seiten, um festzustellen, das du (nein, immer noch nicht!) keine Lösung weißt, keine Lösung hast. Verzweiflung und ein Gefühl ewigen bratens im Fegefeuer kommt in dir auf. Und von hier an ist es auch nicht mehr weit zu Sinn-losen und Sinn-freien Gedanken über deine Person und Persönlichkeit. 

Unreflektiert übernimmt du negative Äußerungen, die andere, Nicht-Depressive, mal irgendwo über Depressive und/oder Menschen mit deiner Geschichte machten. Diese Bemerkungen ätzen sich allmählich bei jedem Hören immer weiter in deine Seele, (oft merkst du es nicht) um dann im 'geeigneten' Moment hervorzubrechen, um dir zu zeigen 'was du für eine/r' bist. Irgendwann hörst du diese Bemerkungen, manifestiert als dauernörgelnde Stimme des Fertigmachens. (Ein Beispiel dafür, was so eine Stimme mit einem machen und anrichten kann, findest du bei Interesse im Blogpost über Die Stimme)

Mit etwas 'Übung' (Achtung, Sarkasmus!) wird das zum Automatismus und du hälst dich selbst in diesem Moment (und sonst eigentlich auch fast immer, allein schon weil du depressiv bist und nicht funktionierst, haha) für den nutzlosesten und schlechtesten Menschen. "Ja, der ganzen Welt! Verdammt nochmal! Isso!", möchte man gar (selbst) behaupten, in diesem Moment.

Und dann sitzt du da, wo du immer sitzt, und stöhnst verzweifelt auf. Du willst dieses verfluchte Hamsterrad nicht mehr! Und die bittere Wahrheit ist: du kannst dieses Hamsterrad auch nicht mehr er-tragen! Du erträgst die scheinbare Alternativlosigkeit und Ausweglosigkeit deiner Situation nicht mehr und es presst dir vor Druck die Lungen zusammen, das dir das Atmen schwer fällt und du ganz zusammengesackt und entkräftet dahockst. Allein mit dir und deinen Gedanken. 

Willkommen in der Hölle, willkommen im Fegefeuer, willkommen im Hamsterrad!

Da hat es sich wieder manifestiert, das schwarze Loch. Und es droht dich zu verschlucken, du spürst den Sog. Du wirst immer kleiner und siehst dich schon im Dunkel verschwinden. Irgendein Hund bellt draußen. Du hörst es kaum. Und wenn schon. Es ist doch auch egal. Scheiß auf den Hund, scheiß auf alles, ist doch eh alles (.. hier bitte eigene "Klage-, Jammer- und Beschwerdethemen" einsetzen ..) ... , ... und ... ! (Du hast in diesem Moment (wieder) eine fette Rechnung mit (dir) und der Welt offen. Und leider keine Lösung.) 

Scheiß auf alle Hunde dieser Welt (irgendwie frisst du dich dann doch ein bisschen an diesem akustischen Reiz fest), Scheiß auf 'die', Scheiß auf mich, Scheiß auf verdammt nochmal einfach alles! 

*Bämm* Zack ist die Tür zu. Du hast nun den Kanal völlig voll, dir reichts. Ist sowieso alles Mist und machen kann man ja jetzt auch nichts daran und überhaupt, weißt du auch nicht mehr was überhaupt du tun kannst oder solltest (hast doch gefühlt auch schon 'alles' versucht, oder?) 

Willkommen im Hamsterrad! Willkommen auf der dunklen Seite der Macht! 

Mechanisch tragen dich die Beine in die Küche, der Griff zum Kaffee wird nun obligatorisch. Gegessen hast du auch schon wieder seit xx Stunden nichts, es wird höchste Zeit. Mit dem bischen der verbliebenen Kraft siehst du mit brennenden Augen und schmerzendem Schädel in den Kühlschrank und planst deine nächste Überlebensration. Mechanisch und desinteressiert, aber wenigstens hast du inzwischen gelernt, das der Körper ernährt werden muss, solange du noch keine Lösung hast. 

Danach wirst du zurückgehen, auf deinen Platz, dahin wo du immer sitzt (nein, vielleicht gehst du vorher lieber noch kontrollieren ob die Türklingel aus ist, denn du willst heute niemanden mehr sehen) und dir irgendwas im Fernsehen reinziehen. Deine Ansprüche sind gerade nicht allzu hoch, egal was, Hauptsache, du hörst Geräusche und fühlst die Stille und die Enge deines Käfigs nicht so sehr.. denn du brauchst dringend Ruhe, du musst dich erholen, vom Teufelskreislauf deiner Gedanken und der gefühlten Hoffnungslosigkeit und Ohnmacht.

Willkommen, Du hast (für diesen Moment) das Hamsterrad überlebt!

Einmal mehr hast du es geschafft. Das ist eine gute Nachricht. (Ja, im Ernst!) 

Mach jetzt keine großen Pläne die dich dann vielleicht (oder wahrscheinlich) doch wieder überfordern. Lebe von Tag zu Tag. Immer ein Schritt nach dem anderen. 

Mehr braucht es für diesen Moment nicht. Manchmal ist es schon verflucht anstrengend überhaupt WEITERZUATMEN. Tu es einfach, denk nicht darüber nach, was (die) andere(n) dazu sagen würden/könnten/wollten. Du bist nicht die Anderen.

Scheiß auf die Anderen! Die anderen stehen im Stall und machen Muh. Um dich geht es. Mach dir das klar. Es ist okay, das du bist wie du bist. DU bist okay. 

Halte durch, irgendwann kommt der Moment, an dem du dies auch wieder selbst glauben kannst. Irgendwann kommt auch wieder der Moment, wo du wieder Leben fühlst. Bei mir fing es an, als ich mich wieder über die kleinen Dinge des Lebens zu freuen lernte, weil ich sie wieder sah und erkannte.

Nimm in deinem Interesse Abstand von Bewertungen von Menschen zu Menschen und über Menschen. Denn das tut einem nicht gut. (Das hast du ja gerade wieder erlebt..) Mach dich frei.

Du atmest, also bist du. Und du bist okay, wie du bist. (Ja, auch wenn du grad am Ende bist.) So wie jeder Mensch von Haus aus okay ist, wie er ist. Mehr musst du für diesen Moment nicht wissen. 

Es gibt Licht am Ende des Tunnels, auch wenn es (noch) nicht zu sehen ist, ich 'schwöre', es ist da und du kannst es finden. * 
Dafür müsstest du allerdings (bitte) das Hamsterrad überleben. Und das ist leider nicht so selbstverständlich, wie manch einer landläufig vielleicht (immer noch) denkt. 


- Ende - 


Pat - 23.03.2016, 23:55h 
(*Ich habe es inzwischen gefunden.. vielleicht kann dir das etwas Mut machen?) 


P.S.: Dieser Text entstand spontan am Handy (und direkt im Blog) aus dem erleben der Depression insgesamt und speziell aus dem erleben verschiedener Eindrücke in den letzten Tagen/Wochen/Monaten. Wenn es raus muss, muss es eben raus. ;-) Und nun ist es raus. Gut so. 

Ich halte es für möglich, das der Eindruck entsteht, dass ich denke oder glaube Dir (dem Leser oder  Betroffenen) sagen zu dürfen/können, was du tun sollst. (siehe Text in der "Du Passage" nach dem "Weiterzuatmen") Das kann ich natürlich nicht und das will ich auch nicht.

Und du willst das sicher auch nicht. Es haben dir bestimmt schon genug Leute gesagt, was du Ihrer Meinung nach 'tun sollst' (oder was nicht) und ich möchte mich nicht in diese Reihe stellen und dir also nicht sagen, was du tun sollst, denn diese Entscheidung liegt in dir und in deiner Hand. Nirgendwo sonst und niemandem sonst gebührt sie.
Ich wünsche mir aber, dass du dieses und ähnliche Hamsterräder überlebst, bis du selbst eine Entscheidung treffen und eine Lösung für dich finden kannst, wieder ins Leben zurückzufinden und mit der Depression leben zu lernen. 
(Ja, doch, das geht!) 


Gute Nacht!

Pat

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Tags: Depression, Reflektion, IchunddieDepression, Hamsterrad